Politik ist ein hartes Geschäft - und ein spätes

So einen Abschied hat der scheidende CDU-Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster nun wirklich nicht verdient. Seine voraussichtlich letzte Bundestagsrede vor Kasters freiwilligem Ausscheiden aus dem Parlament musste der 59-jährige Trie rer zu nachtschlafener Zeit halten: am Freitagmorgen um 0.40 Uhr.

Politik ist ein hartes Geschäft - und ein spätes
Foto: (g_pol3 )
Politik ist ein hartes Geschäft - und ein spätes
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Kleiner Trost: Weil es um den künftigen Alterspräsidenten und damit um ein halbwegs wichtiges Thema ging, waren immerhin noch gut 100 der insgesamt 630 Abgeordneten anwesend. Und, Herr Kaster, wie war's? "Während der Rede war ich konzentriert", sagt der parlamentarische Geschäftsführer, "aber davor und danach geht einem schon vieles durch den Kopf." Ach ja, und ein bisschen Wehmut sei auch dabei - so kurz vor dem Ende der bundespolitischen Karriere.

Neben Wehmut kann Kaster auch Schadenfreude. "Hätte mir nicht passieren können", kommentierte der bekennende Nicht-Sportler den Ausrutscher seines Nachfolgers als CDU-Bewerber im Wahlkreis Trier, Andreas Steier. Nach einem dummen Fußballunfall mit anschließendem Achillessehnenriss hat der 45-jährige Aushilfstorwart das Krankenhaus aber inzwischen wieder verlassen. Am Dienstag wurden die Fäden gezogen, seit Freitag ist Steier nicht mehr krankgeschrieben, macht Homeoffice.
Zu seinen ersten Terminen nach der Entlassung quälte sich der noch etliche Wochen gehandicapte Kandidat mit Krücken und Spezialschuh: Auf einem im Internet veröffentlichten Foto ist Steier mit zwei ebenfalls bestens gelaunten und mit Krücken bewaffneten Leidensgenossen beim 70. Geburtstag des Ayler Prälaten Maximilian Hommens zu sehen.
Derweil ist es mit der Laune von Steiers SPD-Gegenkandidatin Katarina Barley so eine Sache. Am gestrigen Freitag wurde die Schweicherin als neue Familienministerin vereidigt. "Wenn ich mir ein Ministerium hätte aussuchen können, dann wäre es dieses gewesen", hatte die nun ehemalige SPD-Generalsekretärin ihre überraschende Beförderung diese Woche kommentiert. Im Presse echo auf die Personalrochade bei den Genossen war dagegen eher von einer Wegbeförderung Barleys die Rede. "Ich habe sie empfohlen", meinte dagegen Vorgängerin Manuela Schwesig. Auf Barleys Facebookseite strahlten die beiden Sozialdemokratinnen denn auch bei der Vereidigung im Schloss Bellevue um die Wette. Dabei hatte Barley zwei Tage zuvor noch getwittert: "Politik ist ein hartes Geschäft." Und wie man sieht auch eines, wo auf Regen schnell wieder die Sonne folgt.
Ach so! Nach Bernhard Kasters nächtlicher Abschiedsrede ging's am Freitagmorgen im Berliner Reichstag übrigens noch munter weiter. Erst um 2.01 Uhr beendete Bundestagspräsident Norbert Lammert die Sitzung. Ob zu dieser Zeit von den verbliebenen Parlamentariern der eine oder andere bereits weggedöst war, ist nicht überliefert.
Rolf Seydewitz
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