Politisches Feigenblatt

Es ist gut, wenn die Bundesregierung gegen Dumpinglöhne vorgehen will. Die erschreckenden Beispiele aus Schlachtbetrieben oder dem Fliesenlegergewerbe signalisieren akuten Handlungsbedarf.

Es ist gut, wenn die Bundesregierung gegen Dumpinglöhne vorgehen will. Die erschreckenden Beispiele aus Schlachtbetrieben oder dem Fliesenlegergewerbe signalisieren akuten Handlungsbedarf. Wenn die rot-grüne Bundesregierung dabei aber jetzt die Ausweitung des Entsendegesetzes als Allheilmittel entdeckt, dann kann daraus kaum mehr als ein politisches Feigenblatt werden. Die dazu erforderlichen Flächentarifverträge fehlen nämlich ausgerechnet in jenen Branchen, die ohnehin schon durch ein niedriges Lohnniveau gekennzeichnet sind. Da muss es auch nicht verwundern, dass die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten am eifrigsten nach einem staatlich festgelegten Mindestlohn ruft. Sie selbst ist viel zu schwach, um tarifvertragliche Lösungen herbei- zuführen. Kern der ganzen Diskussion ist aber nicht die unterschiedliche Entlohnung in Deutschland, sondern der massenhafte Missbrauch gesetzlicher Bestimmungen. Die Reizworte heißen Schwarzarbeit, illegale Arbeitnehmerüberlassung und Scheinselbstständigkeit. Dagegen ist eine Ausweitung des Entsendegesetzes praktisch machtlos. Solche Missstände lassen sich nur durch schärfere Kontrollen und drakonische Strafen beheben. Wenn die Union allerdings jetzt so tut, als sei eine Neuregelung beim Entsendegesetz des Teufels, dann darf man sich nur verwundert die Augen reiben. Hatten sich doch CDUChefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber bis vor kurzem noch persönlich dafür stark gemacht. Aber der Schlingerkurs hat längst Methode, wie andere Beispiele zeigen. Auch die geplante Absenkung der Körperschaftssteuer fand die Union anfangs toll. Jetzt ist sie der gegenteiligen Auffassung. Mit konstruktiver Opposition hat dies allerdings nicht mehr viel zu tun. nachrichten@volksfreund.de

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