Programme, Posten und Probleme

TRIER. (ik) Sie hatten ein Ziel vor Augen und große Pläne für die Zeit danach im Kopf: Vor vier Monaten porträtierte der TV alle regionalen Kandidaten für das Europa-Parlament. Die Wähler haben am 13. Juni sechs von ihnen grünes Licht gegeben. Was haben die Abgeordneten seither erreicht? Welche Posten haben sie ergattert, womit beschäftigen sie sich? Ein Überblick.

"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne", antwortet Jorgo Chatzimarkakis (FDP) auf die Frage, wie es ihm als Neuling im Europa-Parlament (EP) ergangen ist. Und schiebt gleich hinterher: "Aller Anfang ist schwer." Es habe Anlaufschwierigkeiten gegeben, gesteht er, etwa, als die Deutschen bei der Namensgebung für die liberale Parlamentsfraktion von den Italienern über den Tisch gezogen worden seien. "Alde" heißt sie jetzt, das klingt Chatzimarkakis zu sehr nach Discounter. Inzwischen habe er sich aber eingelebt - vor allem im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie. Um Forschungspolitik will sich der 38-Jährige aus Perl schwerpunktmäßig kümmern. Er habe bereits die Gründung eines Forschungskreises im Parlament initiiert, berichtet Chatzimarkakis. Außerdem sitzt er als stellvertretendes Mitglied in den Ausschüssen für Wirtschaft und Währung sowie für internationalen Handel. Auch Werner Langen von der CDU ist Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. Als Stellvertreter ist der "alte Hase" aus Oberfell - Langen sitzt seit 1994 im EP - auch im Ausschuss für Wirtschaft und Währung vertreten. Neben der Arbeit in diesen Gremien, in denen die Arbeit des Parlaments vorbereitet wird und die in Brüssel eine noch bedeutendere Rolle als im Bundestag spielen, ist Langen auch Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe. Zudem bestimmt der 54-Jährige als Vorstandsmitglied die Geschicke seiner Parlamentsfraktion, der EVP, mit. Ein Schwerpunkt seiner inhaltlichen Arbeit werde in dieser Legislaturperiode die geplante Chemikalienverordnung sein, mit der die EU zahlreiche Substanzen verbieten will. Eine Herausforderung, meint Langen: Es gehe um einen Ausgleich zwischen Wettbewerbsfähigkeit auf der einen sowie Umwelt- und Verbraucherschutz auf der anderen Seite. Auch Christa Klass (CDU) ist im EP alles andere als ein "Greenhorn": Die 53-Jährige aus Osann-Monzel ist in ihre dritte Legislaturperiode gestartet. Durch die Osterweiterung habe sich im Parlament aber einiges geändert. Auch für sie persönlich: "Ich sitze jetzt zwischen zwei Polen", erzählt sie, und dass es viele neue Namen gebe, die noch niemand so recht aussprechen könne. Längst geführte Grundsatzdebatten flammten derzeit neu auf. "Aber die Zeit müssen wir uns natürlich nehmen", sagt Klaß. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. Als Stellvertreterin gehört sie neben dem Landwirtschaftsausschuss auch demjenigen für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter an. In den kommenden Jahren will Klaß bei einer ganzen Reihe von Themen mitmischen: Die neue Grundwasserrichtlinie nennt die ebenso wie Agrarreform und Zuckermarktverordnung, Lebensmittelsicherheit, Kennzeichnung allergener Stoffe, Verbraucher- und Naturschutz. Der Cochemer Sozialdemokrat Ralf Walter ist erster stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsauschusses. Als stellvertretendes Mitglied gehört er neben dem Haushaltskontroll- auch dem Entwicklungsausschuss an. Bisher habe er sich immer nur um das Geld gekümmert, sagt der 46-jährige Finanzpolitiker, der schon seit 1994 im Parlament sitzt. Jetzt wolle er einmal über den europäischen Tellerrand hinaus sehen: "EU und USA geben zusammen 600 Milliarden Euro für Rüstung aus - für Entwicklung sind es 40 Milliarden. Da muss man fragen, ob das richtig ist." Gefordert wird Walter auch bei seinen Wählern vor Ort sein: Während die CDU in Rheinland-Pfalz einen Abgeordneten verlor und immer noch drei nach Brüssel und Straßburg schickt, ist Walter bei der SPD als einziger von drei Abgeordneten übrig geblieben. "Suboptimal" sei das, kommentiert er. "Aber Wahlergebnis ist Wahlergebnis." Vier Millionen Einwohner, 1100 Ortsvereine: "Da wird es schwierig, flächendeckend präsent zu sein." Er habe ein System entwickelt, über Internet und E-Mail Kontakt zu halten. Hiltrud Breyer (Bündnis 90/Die Grünen) sitzt in zwei Ausschüssen als ständiges Mitglied: dem für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie dem für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Die aktuellen politischen Ziele der 47-jährigen Saarländerin lauten folgerichtig: "Wir müssen den Umweltbereich und die Frauen voranbringen!" Wichtig sind Breyer, die seit 1989 Europa-Abgeordnete ist und damit die Dienstälteste der für unsere Region zuständigen Abgeordneten, auch die Verbraucherrechte. "Vertrauen wird immer bedeutender - das erkennt inzwischen auch die Industrie." Neben ihren beiden Haupt-Ausschüssen ist Breyer Stellvertreterin im Rechtsausschuss. Geändert habe sich in dieser Legislaturperiode vor allem die Bedeutung des EP, berichtet sie: "Die Kommissare haben ihren Anhörungen große Bedeutung beigemessen. Das Parlament wird ernster genommen."

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