Rauchen für die Gesundheit

BERLIN. "Rauchen schadet der Gesundheit", heißt es auf der Tabak-Schachtel. Künftig könnte der Zusatz lauten: "…und dem Geldbeutel auch." Die Tabaksteuer soll kräftig erhöht werden.

Eher beiläufig ließ Olaf Scholz gestern die Katze aus dem Sack.Nach einer Spitzenrunde der Koalition kam der SPD-Generalsekretärzunächst nur mit altbekannten Floskeln auf die Gesundheitsreformzu sprechen. Doch dann machte er ernst: Rauchen wird in Zukunfteine kostspielige Sache. Um einen ganzen Euro pro SchachtelZigaretten will Rot-Grün die Tabaksteuer erhöhen. "Die Diskussiondarüber wird sicher intensiv werden", fügte Scholz noch mitgequältem Lächeln hinzu. Das war sie wohl auch auch hinterverschlossenen Türen. Immerhin debattierte derKoalitionsausschuss eineinhalb Stunden länger als geplant.Eigentlich wollte danach Gesundheitsministerin Ulla Schmidt vordie Kameras treten, um ihren Erfolg an der Tabak-Front zuverkünden. Doch die Grünen pochten auf die politischeKleiderordnung - eine Sitzung des Koalitionsausschussesinterpretieren traditionsgemäß rot-grüne Parteivertreter vor derPresse und keine Minister. Wenigstens Finanzminister Hans Eichelhätte auch kaum Freude verspürt, vor den Reportern Rede undAntwort zu stehen. Noch am Mittwoch ließ er seinen Sprechertapfer alle Gerüchte über eine Anhebung der Tabaksteuer als"irreführend" dementieren. Dabei waren schon konkrete Zahlen inUmlauf: Um 60 Cent sollte der Preis für ein Päckchen Zigarettensteigen. Fiskalisch gesehen ist der Kassenwart der Nation mit demnun vereinbarten Zuschlag von einem Euro allerdings auf dersicheren Seite. Über die Mehreinnahmen sollen nämlich die versicherungsfremden Leistungen im Gesundheitswesen finanziert werden. Darunter fallen zum Beispiel das Mutterschaftsgeld und das Sterbegeld. Unter dem Strich geht es um rund fünf Milliarden Euro. Eichels Ressort hatte jedoch immer in Zweifel gezogen, dass diese Summe mit einer maßvollen Anhebung der Tabaksteuer aufgebracht werden könnte. Schließlich erzeugt die Verteuerung auch Abschreckungseffekte beim Konsum. Deshalb wurde um so kräftiger zugelangt. Die "Kalkulation" mit 60 Cent sei nicht aufgegangen, meinte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer lapidar. Das für die Krankenkassen angepeilte Entlastungsvolumen von 20 Milliarden Euro setzt sich ungefähr je zur Hälfte aus Mehreinnahmen und Einsparungen zusammen. Allein die Erhöhung der Tabaksteuer schlägt schätzungsweise mit knapp sieben Milliarden Euro zu Buche.

Für Arbeitnehmer eine Milchmädchen-Rechnung

Unter dem Strich könnte der durchschnittliche Beitragssatz von jetzt 14,3 auf unter 13 Prozent sinken. Diese Zielmarke hatte der Kanzler schon Mitte März verkündet. Für die Arbeitnehmer handelt es sich allerdings um eine Milchmädchenrechnung. Denn künftig sollen sie das Krankengeld allein finanzieren, was den persönlichen Beitragssatz natürlich erhöht. Obendrein plant Ulla Schmidt, Leistungen wie Sterilisation und künstliche Befruchtung komplett aus der Zuständigkeit der Kassen zu streichen. Die Kosten sind dann ebenfalls vom Versicherten zu tragen. Weitere 1,5 bis zwei Milliarden Euro sollen die Rentner in die Krankenkassen spülen. Wer zusätzliche Arbeitseinkommen oder eine Betriebsrente bezieht, muss darauf künftig den vollen Beitrag entrichten. Bislang gilt nur der halbe Beitragssatz. Sparen will die Gesundheitsministerin bei der nicht verschreibungspflichtigen Medizin. Einen großen Teil davon werden die Kassen nicht mehr erstatten. Ausnahmen bilden bestimmte Arznei-Gruppen und Medikamente für Kinder. Die Zulassung des Versandhandels für Medikamente soll die Kassen ebenfalls entlasten.

Nach wie vor ungeklärt sind die Zuzahlungsmodalitäten. Fest steht nur, dass chronisch Kranke und Patienten, die sich am Hausarztmodell beteiligen, geringere Eigenbeiträge leisten sollen als heute. Für eine kleine Medikamenten-Packung werden gegenwärtig vier Euro fällig, bei der mittleren sind es 4,50 Euro. Für die große Packung muss der Patient fünf Euro aus eigener Tasche zahlen. Dagegen wird der Besuch beim Facharzt ohne ausdrückliche Überweisung des Hausarztes teuer. Hier sind nicht nur höhere Zuzahlungen, sondern auch eine spezielle Praxisgebühr geplant.

Teureres Rauchen fürs Gesundheits-System: Ist das gerecht? Ihre Meinung in Kürze an: meinung@volksfreund.de

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