Renten-Klau keinSuper-Gau

BERLIN. Ein erst zum Jahresende bekannt gewordener "Renten-Klau" der Bundesregierung sorgt für erstaunlich wenig Aufregung. Kein Wunder - auch die Union hat für den vollen Beitragssatz bei Betriebsrenten und einmaligen Kapitalleistungen gestimmt.

Die Maßnahme im Rahmen der Gesundheitsreform, auch bei einer einmaligen Auszahlung ersparter Vorsorgegelder (Lebensversicherung oder Pensionskasse) den vollen Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erheben, hat zu den erwarteten Reaktionen geführt. Allerdings hielt sich der Protest gegen den "Renten-Klau" (Bild-Zeitung) in Grenzen. Die Klage-Androhung des Sozialverbandes VdK wurde im Gesundheitsministerium gelassen zur Kenntnis genommen. Auch der Deutsche Anwaltsverein beurteilte eine Verfassungsklage skeptisch. Am vergangenen Wochenende war ein Passus der Gesundheitsreform bekannt geworden, der den Experten bereits seit Herbst geläufig ist: Vom Jahresbeginn 2004 an müssen Rentner für Betriebsrenten den vollen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen (statt wie bisher die Hälfte). Das gilt auch für einmalige Kapitalauszahlungen etwa einer aus Vorsorgegründen abgeschlossenen Lebensversicherung. Rentner müssen demnach rund ein Sechstel der ersparten Summe (Beispiel: 16 100 Euro von 100 000 Euro) an Beiträgen abführen. VdK klagt: Verfassungswidriges Gesetz

Für VdK-Präsident Walter Hirrlinger eine verfassungswidrige Maßnahme: Da aktive Arbeitnehmer nur die Hälfte zahlen müssten, sei der Gleichbehandlungsgrundsatz berührt. Der Präsident des Anwaltsvereins Hartmut Kilger (Tübingen) räumt einer Klage gleichwohl nur geringe Chancen ein. Der Gesetzgeber müsse auch die Lage der Sozialkassen berücksichtigen. Nach Ansicht des Gesundheitsministeriums führte an der Neuregelung kein Weg vorbei. "Wir wollen und müssen die Sozialversicherung in ihrer Leistungsfähigkeit erhalten", sagte die Sprecherin Ilona Klug gegenüber unserer Zeitung. Auch seien stabile Beitragssätze im allgemeinen Interesse. Bereits bisher seien Lebensversicherungen bis zur Beitragsbemessungsgrenze herangezogen worden, wenn sie als monatliche Rentenleistung ausgezahlt wurden. Die Bemessungsgrenze steigt ab Januar 2004 von 3450 auf 3487,50 Euro. Dass die Kritik an der Neuregelung bisher zurückhaltend blieb, liegt nicht nur am Jahreswechsel. Sie ist auch dadurch erklärbar, dass die Union bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform zugestimmt hat.

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