Retourkutsche

BERLIN. Angesichts der harschen Kritik an den Regierungsplänen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten hat Familienministerin Ursula von der Leyen, einen neuen familienpolitischen Vorstoß unternommen. Die CDU-Politikerin rief Länder und Gemeinden dazu auf, keine Kindergarten-Gebühren mehr zu erheben.

Der Koalitionsvertrag spricht lediglich davon, "nach Wegen (zu) suchen", um eine Gebührenfreiheit für das letzte Kindergartenjahr bundesweit einzuführen. Mit ihrer Forderung will Familienmisterin von der Leyen offenbar die zahlreichen Gegner des auf der jüngsten Regierungsklausur in Genshagen verabschiedeten Steuermodells zum Schweigen bringen. Danach dürfen Eltern im Grundsatz künftig maximal 4000 Euro (bislang 1500 Euro) an Betreuungskosten pro Kind bis zu dessen 14. Geburtstag als Werbungskosten absetzen. Für Kinder bis zum sechsten Geburtstag soll die fiskalische Anrechnung erst ab einer Kostenhöhe von 1000 Euro beginnen. Das heißt, berufstätige Eltern von Vorschulkindern müssten pro Jahr 5000 Euro für einen Kindergarten oder Tagesmutter ausgeben, um die gleiche steuerliche Vergünstigung zu erlangen, wie Väter und Mütter von Schulkindern. Das empfinden Kritiker als sozial ungerecht. Am Wochenende hatte sich die bayerische Europaministerin Emilia Müller (CSU) für die Streichung der 1000-Euro-Schwelle bei unter Sechs-Jährigen stark gemacht und dazu eine Bundesratsinitiative angekündigt. Dagegen machte von der Leyen klar, dass der Bund kein Interesse hat, sich an einer Finanzierung der Kita-Gebühren zu beteiligen. "Warum dürfen Familien die ersten 1000 Euro pro Jahr für Kita-Gebühren und Kinderbetreuung nicht absetzen? Ganz einfach: weil Gebühren für Kindergärten und Kindertagesstätten von den Ländern und Kommunen kassiert werden. Und es wäre völliger Unsinn, wenn die Bundesregierung mit Steuergeldern Kita-Gebühren bezahlt", schrieb von der Leyen in dem Zeitungsbeitrag. Wie ein Ministeriumssprecher auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, entspreche der Sockelbetrag von 1000 Euro den bundesdurchschnittlichen Kosten für einen Halbtagplatz im Kindergarten. Zugleich betonte er, dass es über die in Genshagen vereinbarten Eckpunkte hinaus noch keine Festlegungen gebe. So bleibt einstweilen unklar, ob Alleinerziehende nur 2000 Euro absetzen dürfen oder genauso wie Ehepaare behandelt werden, die den doppelten Betrag geltend machen können. Eine weitere Ungereimtheit tut sich nach Ansicht der bayerischen Familienministerin Christa Stewens auf: Wenn die 1000-Euro-Schwelle pro Kind gelte, dann bedeute das bei drei Kindern unter sechs Jahren eine Hürde von 3000 Euro, die bei der Förderung überwunden werden müsste. "Mehrkinderfamilien werden also ein Stück weit benachteiligt." Am Mittwoch soll der Gesetzentwurf dem Bundeskabinett vorgelegt werden.

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