Rückenwind für einen Marathon-Läufer

Berlin. Zurück zu Souveränität und Unabhängigkeit: Mit Axel Weber, dem neuen Chef der Bundesbank, soll das Institut aus den Negativ-Schlagzeilen kommen.

Ob er sich denn für vier Tage von einer Bank in ein Nobelhotel hätte einladen lassen? Axel Weber verzieht keine Miene, während Finanzminister Hans Eichel (SPD) neben ihm ein wenig genervt die Augen verdreht. Und wäre der Rücktritt Ernst Weltekes vom Amt des Bundesbankpräsidenten nach der Affäre vermeidbar gewesen? "Zu beiden Fragen möchte ich mich nicht äußern. Sie haben bitte dafür Verständnis", antwortet der designierte, oberste deutsche Währungshüter knapp. Es läuft rund für Axel Weber bei seinem ersten großen Auftritt vor der Bundespresse. Aufs Glatteis lässt sich der Professor für internationale Ökonomie an der Universität Köln nicht führen. Und wer es fachlich versucht, dem hält der Experte mit monotoner Stimmlage und schneller Sprache ein kleines Referat zur Notwendigkeit "stabilitätsorientierter Geldpolitik" oder zu "europäischen Finanzmarktfragen". Hans Eichel gefällt diese dozierende, sachliche Art. Mission erfüllt, man sieht es dem vom Urlaub gebräunten Hessen an. Der 47-Jährige Weber - bisher weitgehend unbekannt - soll die Rückkehr zum Bewährten verkörpern und verloren gegangenes Vertrauen in die Kompetenz der Bundesbank zurückgewinnen. Dafür scheint der Wissenschaftler der richtige Mann zu sein, blickt man nur auf die durchweg positiven Reaktionen aus der Wirtschafts- und Finanzwelt von gestern. Selbst die Opposition, für die eigentlich der unionsnahe Bundesbankvizepräsident Jürgen Stark Favorit war, ist zufrieden. Dem Vernehmen nach will Stark nach einem Telefonat mit Weber übrigens trotz seiner Nichtberücksichtigung im Amt bleiben. Raus mit der Bundesbank aus den Schlagzeilen, in die sie "Partybänker" (Bild) Ernst Welteke gebracht hat. Zurück zum alten Markenzeichen " Unabhängigkeit": "Ich bin kein Parteimitglied, ich bin unabhängig", betont Weber (selbst-)bewusst. Als möglichen Kandidat für das Amt in Frankfurt am Main hatte ihn in Berlin niemand im Visier. Am Dienstagabend einigten sich Kanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Eichel auf den gebürtigen Pfälzer - ein gelungener, personeller Überraschungscoup. Selten wurde jedenfalls eine Top-Personalie von der Bundesregierung so rasch und relativ reibungslos bewältigt, wie die Nachfolge von Ernst Welteke. Eichels Stolz darüber ist unüberhörbar. Weber wird für den obersten Kassenwart aber wohl kein bequemer Notenbank-Chef werden. Das bekam der Minister gestern schon leicht zu spüren: Er werde keine "Kehrtwende im Vergleich zu dem machen, was auch Herr Welteke als Position vertreten hat", sagte Weber zu seiner Haltung zum Verkauf von Goldreserven - Eichel soll dies im Sinn haben. "Die Bundesbank steht vor großen Änderungen", weiß Weber. Aber nicht nur in Finanzmarktfragen, sondern auch bei der "Umorganisation" der Institution mit ihren fast 15 000 Mitarbeitern. Dafür braucht er einen langen Atem. Den scheint Weber zu haben. Er laufe gern, sagte der Experte - und habe auch schon mal den Kölner Marathon bewältigt.

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