Rüstet Russland Saddam auf?

BAGDAD. Das Verhältnis zwischen Washington und Moskau hat Tiefkühl-Temperaturen erreicht. Der Grund: US-Militärs vermuten, dass Russland moderne Waffensysteme an Bagdad geliefert hat.

Die Versuche der USA und Großbritanniens zur Ablösung desRegimes in Bagdad seien "illegal und zum Scheitern verurteilt."Und: "Über welche Demokratie redet man, wenn sie versuchen, dasganze Land komplett zu zerstören?" Diese harschen Worte desrussischen Außenministers Igor Iwanov sind der beste Beleg fürdas derzeitige Verhältnis zwischen Washington und Moskau.Vorbeidie Zeiten, in denen sich - wie 2001 in Slowenien - der russischeStaatschef Wladimir Putin und George W. Bush tief in die Augenblickten und der amerikanische Präsident später Reporternmelancholisch in die Notizblöcke notierte, er habe Putins Seeleerkennen können. Doch derartige Freundschaftsbeteuerungen bleibenheute aus. Wunderpanzer der USA geknackt

"Der Irak-Krieg hat alte Wunden wieder aufgerissen, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammen", sagen politische Beobachter wie Ariel Cohen, Russland-Experte der Heritage-Stiftung. "Für beide Seiten steht sehr viel auf dem Spiel, wenn das Verhältnis noch schlechter wird." Dazu könnte der weitere Verlauf des Krieges wesentlich beitragen.

Denn mittlerweile schäumt das Pentagon nicht nur wegen der - von Moskau dementierten - Lieferung von Nachtsichtgeräten und Instrumenten, die das GPS-Zielverfahren amerikanischer Bomber blockieren können. Wie zu erfahren ist, will die US-Militärführung mittlerweile auch handfeste Indizien dafür haben, dass irakische Truppen erstmals erfolgreich russische Anti-Panzer-Raketen des Typs "Cornet" eingesetzt haben, die unter Missachtung des UN-Embargos in der letzten Zeit an das Regime Saddam Husseins verkauft worden seien. Eine derartige Lieferung würde, wenn sich dieser dringende Verdacht bestätigt, auch erklären, warum das Pentagon in den letzten Tagen gleich mehrfach einen Verlust des bisher als "unzerstörbar" geltenden US-Panzers Abrams M-1 vermelden musste. Zehn dieser modernen Kampfmaschinen seien, zumeist im Heck, von Raketen getroffen worden, die bisher nicht zum Arsenal der Iraker gehört hätten. Die Panzerbesatzungen hatten sich trotz der im Inneren ausgebrochenen Feuer mit viel Glück noch rechtzeitig ins Freie retten können.

Hat Moskau hier tatsächlich Saddam Hussein unter die Arme gegriffen, würde dies vor allem die "Falken" in Washington ins Herz treffen, die schon immer vor einem "Schmusekurs" mit Russland und übereilten Abrüstungschritten gewarnt haben - und die nun eine direkte Beihilfe zum Versuch sehen könnten, amerikanische Soldaten zu töten.

Im "Krieg der Worte" zwischen beiden Ländern scheint also eine Eskalation programmiert Leiden könnten darunter nicht nur die gemeinsamen Abrüstungsbeteuerungen, nachdem jetzt bereits das russische Parlament Widerstand gegen die Ratifizierung einer Vereinbarung zur Reduzierung des Nukleararsenals zeigte, die zuvor bereits vom US-Senat abgesegnet worden war. Auch die Terrorismusbekämpfung in Zentralasien und die Absicherung atomarer Altbestände Russlands vor dem Zugriff von Extremisten steht für Washington auf dem Spiel.

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