Salut, Jubel und eine Mahnung vom "Pope-Star"

Schon Stunden vor der Ankunft des Papstes üben sich geladene Gäste auf dem Gelände des Weißen Hauses immer wieder an "Happy Birthday". Dann, als Benedikt XVI. an seinem 81. Geburtstag auf dem Südrasen die gepanzerte Limousine verlässt und die versammelte Polit-Prominenz begrüßt, bricht unter den über 9000 sorgfältig Ausgewählten ein Jubelsturm los.

Washington. "Ich heiße Joseph" steht auf einem handgemalten Schild, das ein kleiner Junge begeistert in der ersten Zuschauerreihe schwenkt. Der größte und aufwendigste Empfang, den Washington jemals für einen Staatsgast gibt, ist eindrucksvoll - und mit Hilfe von Hollywood-Regisseuren - inszeniert: Ein Auftritt der Sopranistin Kathleen Battle, Trommelwirbel, 21 Salutschüsse und eine Marineband, die die Hymne des Vatikans intoniert. Erstmals seit 29 Jahren zeigt sich wieder ein Papst im Weißen Haus. Und der Heilige Vater ist gestern bei strahlendem Sonnenschein überpünktlich. 30 Minuten vor dem Empfang lässt er den Wagen überraschend im Nordbereich der Regierungszentrale halten, nimmt spontan ein kurzes Bad in der Menge. Händeschütteln, Handauflegen - dann geht es weiter zum Südrasen. Dort begrüßt ihn George W. Bush, für den die Bibel zur ständigen Nachtlektüre zählt, in seiner Rede als "Freund", dessen Besuch Millionen Menschen erfreue. Wer von den kurzen Ansprachen kontroverse oder gar provokative Worte erwartet, wird enttäuscht. Die "offene und ehrliche Aussprache", die beide Seiten zuvor in Aussicht stellten, bleibt für später dem kleinen Kreis vorbehalten. Auch der Irak-Krieg wird auf dem Rasen nicht thematisiert. Vor den auf 90 Minuten angesetzten Beratungen im "Oval Office" fordert Bush jedoch noch den Papst mit Blick auf radikale islamistische Strömungen zu einer klaren Wegweisung auf. "Wir brauchen Ihre Nachricht, dass Gott Liebe bedeutet."Seltene Ehre für einen hohen Gast

Frieden sei nicht nur ein Geschenk, sondern auch Teil persönlicher Verantwortung, mahnt der Papst anschließend in flüssiger englischer Sprache und fordert auch von seinem Gastgeber "geduldige Diplomatie zur Lösung von Konflikten." Der hohe Gast sucht während seines fünftägigen Besuchs bewusst auch den Kontakt außerhalb der katholischen Gemeinde. Er habe "großen Respekt für die pluralistische Gesellschaftsform" Amerikas und freue sich auf die Treffen mit anderen religiösen Gruppen, kündigt er an. "Glory Glory Hallelujah" intoniert zum Ende des Empfangs eine Militärkapelle nebst Chor, und einmal mehr gibt es - vor dem Eintritt in den "Blue Room" des Weißen Hauses - ein "Happy Birthday". Schon am Vorabend war der hohe Gast aus Rom - so formulierten es Kommentatoren - "wie ein Pope-Star" ("Pope" steht im Englischen für Papst) empfangen worden. Aus dem Cockpit der Alitalia-Sondermaschine flatterten die US-Fahne und die Fahne des Vatikans, als der Jet über die Landebahn der Luftwaffenbasis Andrews rollte. Hunderte katholische Studenten schrien sich hinter der Absperrung die Lungen aus dem Leib, während George W. Bush mitsamt First Lady und Tochter Jenna dem Besucher eine seltene Ehre erwies: Noch nie hatte nämlich ein US-Präsident ein ausländisches Staatsoberhaupt persönlich bei der Ankunft begrüßt. Eine Geste, die Übereinstimmung und besonderes Wohlwollen signalisieren sollte. Man mag sich - und liegt bei Themen wie Abtreibung, Sterbehilfe, Stammzellenforschung oder Homo-Ehe deckungsgleich. Das Weiße Haus wollte deshalb von ernsthaften Differenzen trotz des sensiblen Themas Irak-Krieg nichts wissen. "Es gibt viel mehr Einverständnis zwischen den beiden als Uneinigkeiten", so Bush-Sprecherin Dana Perino. Doch bei mindestens zwei weiteren Themen, die der Papst ansprechen wollte, liegen Gast und Gastgeber über Kreuz: Der restriktiven Einwanderungspolitik Washingtons und dem Festhalten Bushs an der Todesstrafe. Paradox und fast wie ein Affront wirkt dabei, dass ausgerechnet gestern Morgen - während sich Benedikt XVI. gerade auf dem Weg zum Weißen Haus befindet - der Oberste US-Gerichtshof urteilt: Exekutionen mit der Giftspritze entsprechen der amerikanischen Verfassung und können somit wieder aufgenommen werden. extra Papst feiert Geburtstag: Geburtstag feiern die meisten am liebsten zu Hause. Aber wichtige Leute wie das Oberhaupt der katholischen Kirche können sich das nicht immer aussuchen. Papst Benedikt XVI. (gesprochen: der Sechzehnte) hat seinen 81. Geburtstag am Mittwoch bei einem Besuch in den USA gefeiert. Etwa 9000 Gäste waren zu einem Empfang in der Hauptstadt Washington geladen. US-Präsident George W. Bush und seine Familie hatten den Gast aus Rom am Dienstag gleich nach der Landung begrüßt. Das zeigt auch, dass der Papstbesuch etwas Besonderes ist. Denn der Präsident hatte vorher noch nie ein ausländisches Staatsoberhaupt vom Flughafen abgeholt, berichtet die Zeitung "Washington Post". Der Papst und der Präsident wollten sich auch noch im Weißen Haus treffen, wo der Präsident wohnt und arbeitet. Vielleicht spricht der Papst bei seinem Besuch auch über die Dinge, die ihm nicht gefallen. Zum Beispiel ist er dagegen, dass in den USA Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort