"Schön, dass man nicht vergessen ist"

TRIER. (DiL) Am vergangenen Samstag haben wir an dieser Stelle über Robert Steinmann berichtet. Der 69-Jährige ist unheilbar krebskrank und war zu diesem Zeitpunkt Patient der Palliativstation des Mutterhauses. Inzwischen ist er wieder zu Hause in Trier-West, wo wir ihn besucht haben.

Sein Händedruck hat immer noch etwas von einem Schraubstock. "Schön, dass Sie vorbei kommen", sagt Robert Steinmann. Er sitzt mit seiner Frau in der Ess-Ecke der Küche. Seine Sauerstoff-Flasche steht im Flur, ein meterlanger Schlauch erlaubt ihm, sich in der ganzen Wohnung zu bewegen. In der Palliativ-Station hat man ihn auf seine Schmerzmittel eingestellt, mehr kann man dort nicht mehr für ihn tun.Seine Bereitschaft, ungeschminkt über das Sterben zu reden, hat ihn selbst zum Gesprächsthema gemacht. Die Reaktionen, die bei ihm ankamen, waren "fast alle positiv". Sogar sein alter Lehrmeister hat sich bei dem gelernten Maler gemeldet, "stellen Sie sich vor, ein Mann in den Neunzigern". Es sei schön, zu merken, "dass man noch nicht vergessen ist".Auch Freunde haben sich wieder mal gemeldet - in den letzten Jahren waren die Kontakte sonst eher weniger geworden. Dass mancher ihn meidet, nimmt Robert Steinmann nicht übel: "Das ist nicht böse gemeint, viele sind halt unsicher und wissen nicht, was sie sagen sollen."Zum Glück gibt es da noch die Familie. Ein halbes Dutzend Enkel lässt sich auf den Bildern in Steinmanns Krankenzimmer ausmachen. Und ihre Kinder helfen oft, sagt Frau Steinmann. Aber sie wolle eben auch "nicht jedesmal fragen, wenn ich Hilfe brauche".40 Stufen sind ein unüberwindliches Hindernis

Seit dieser Woche kommt die Hospizschwester zu Besuch, ein neues Pflegebett wurde aufgestellt. "Man muss das Beste draus machen", sagt Robert Steinmann. Aber die vierzig Stufen im Treppenhaus sind inzwischen für ihn ein unüberwindliches Hindernis. "Das Sich-Eingesperrt-Fühlen ist das Schlimmste", sagt das Ehepaar wie aus einem Mund. Früher waren sie viel unterwegs, als Steinmann noch Auto fahrendurfte. Aufgrund der Nebenwirkungen der massiven Schmerzmittel ist das schon lange nicht mehr möglich. Auch den Garten am Markusberg, gleich vor der Haustür, mussten sie aufgeben. "Es ist schlimm, wenn man alles weggenommen kriegt", sagt Frau Steinmann. Sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ihr Mann bald nicht mehr da sein wird, fällt ihr wahrscheinlich schwerer als dem Betroffenen selbst.Wenigstens den schönen Blick auf den bewaldeten Fuß des Markusbergs kann ihnen niemand nehmen. Und auch nicht die vielen Kreuzworträtsel, die Robert Steinmann den ganzen Tag über löst - seine Lieblingsbeschäftigung neben dem Zeitungslesen und den abendlichen Fußball-Übertragungen.Wir verabreden uns für nächste Woche. Ob ich irgendwas mitbringen könnte, frage ich. "Oh ja", sagt er, der Volksfreund habe doch diese schönen Termin-Kalender. So einen fürs nächste Jahr "kann ich gebrauchen".

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