Prüfung von Investoren: Schutzschild für die deutsche Wirtschaft

Berlin · Die Bundesregierung will die Übernahmen von Hightech-Firmen intensiver prüfen - aber die Verordnung ist umstritten.

Lange dümpelten die chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland unauffällig dahin. Mal zwei, mal fünf Milliarden Euro jährlich, weit weniger als etwa die Amerikaner jährlich in Deutschland investieren. 2016 aber verdoppelten sich die Aufkäufe aus China plötzlich. 56 Unternehmen waren betroffen, das Volumen stieg auf 13 Milliarden Euro. Darunter war auch der Aachener Roboterhersteller Kuka. Jetzt hat die Bundesregierung ihre Abwehrinstrumente geschärft.

Am Mittwoch verabschiedete das Kabinett eine Verordnung, in der das Wort "China" nicht vorkommt, die aber eine Reaktion auf diese Entwicklung ist. Bisher prüfte die Bundesregierung Übernahmen von Investoren außerhalb der EU nach dem Außenwirtschaftsgesetz nur, wenn grundlegende Sicherheitsinteressen und militärische Aspekte berührt waren.
299 Fälle waren es insgesamt von 2008 bis 2016, und nur einmal wurde eine Investition abgelehnt. Die neue deutsche Verordnung erweitert nun den Prüfbereich erheblich.

Erfasst werden jetzt zum Beispiel auch Software-Firmen, die Programme für den Betrieb von Stromnetzen, Kraftwerken und Wasserversorgung entwickeln oder Netze von Banken, Flughäfen und Kommunikationsunternehmen betreiben. Im Bereich der Rüstungstechnologie sollen künftig auch weitere wehrtechnische Schlüsseltechnologien und Güter aus den Bereichen Sensorik und elektronische Kriegsführung einbezogen werden. Außerdem wird dem Wirtschaftsministerium länger Zeit gegeben, eine umstrittene Übernahme zu prüfen - vier statt zwei Monate. Zusätzlich setzt sich Berlin derzeit für ein abgestimmtes Verfahren in der ganzen EU ein.

Künftig könnte dann öfter passieren, was 2016 geschah: Die Ablehnung des Kaufs des Aachener Maschinenbauers Aixtron durch einen Investor aus Fernost. Damals gaben allerdings die USA den Ausschlag, denn sie blockierten die Übernahme der amerikanischen Aixtron-Tochter. Angeblicher Grund: "Risiken für die nationale Sicherheit".
Deutschland sei die offenste Volkswirtschaft der Welt, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) jüngst auf einer Veranstaltung der Grünen. Das wolle man auch bleiben. "Aber wir sind nicht naiv".

Peking will erklärtermaßen bis 2025 Technologieführer in der Welt werden, und kauft sich überall Knowhow zusammen. Auch weltweit sind die Chinesen in sensiblen Bereichen unterwegs. So investieren sie in den Abbau seltener Erden in Kanada, was ihnen, da sich die meisten Vorkommen ohnehin schon in China befinden, fast eine Totalkontrolle über diese für die Computerindustrie wichtigen Rohstoffe geben könnte.
Umgekehrt sind sie weniger kooperationsfreudig. Deutsche Firmen klagen seit langem über massive Hindernisse, wenn sie in China investieren wollen. Die Verordnung soll auch Druck machen, die chinesischen Märkte stärker zu öffnen.

Allerdings ist das Vorgehen heikel. Denn die Grenzen zum Protektionismus sind bei jeder Ablehnung fließend. Schon im Fall Aixtron gab es den Verdacht, die USA wollten in Wirklichkeit nur ihren Markt gegen die Chinesen abschotten. Außerdem bietet sich die Pekinger Führung der EU im Streit mit Donald Trump gerade als Partner im Kampf um einen offenen Welthandel an. Der Industrieverband BDI hatte sich schon im Vorfeld gegen eine Verschärfung ausgesprochen und blieb auch am Mittwoch dabei. Die bestehenden Möglichkeiten reichten. "Unsere Wettbewerbsfähigkeit beruht auf offenen Wettbewerb", so BDI-Vorstandsmitglied Stefan Mair. Es drohe eine "Eskalationsspirale".

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