Schwarze Schafe wollen Heidenspaß

KÖLN/TRIER. Sie werben mit einem schwarzen Schaf vor einem Verbotsschild mit betenden Händen, und ihr Motto heißt "Heidenspaß statt Höllenqualen": Eine Gegenbewegung zu den Weltjugendtagen in Köln sorgt für Schlagzeilen. An vorderster Front mit dabei ist der Trierer Skandal-Autor Michael Schmidt-Salomon.

Porträts von Pilgern aus Kenia oder Bolivien, Homestorys bei Gastfamilien, atmosphärische Berichte von den Straßen Triers oder Kölns, Interviews mit Geistlichen und Übertragungen von Gottesdiensten: Der Weltjugendtag dominiert in diesen Tagen die Medien. Was Katholiken als ermutigendes Zeichen für die Kraft ihrer Kirche deuten, geht anderen gehörig auf die Nerven: "Radio Vatikan auf allen Kanälen!" schimpft man bei der "Religionsfreien Zone" in Köln, einer Gegenbewegung zu den Weltjugendtagen. Dahinter stehen Privatpersonen und Organisationen wie der Freidenkerverband, der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten oder die Giordano-Bruno-Stiftung zur Förderung des evolutionären Humanismus. Der Vorsitzende dieser Stiftung ist Sprecher der "Religionsfreien Zone" - und in Trier kein Unbekannter: Michael Schmidt-Salomon, Autor des Skandal-Theaterstücks "Maria-Syndrom", dessen Aufführung in der Trierer Tuchfabrik die Stadt 1994 unter Verweis auf den "Gotteslästerungsparaphen" verbot. Seine Bewegung wolle eine kritische Gegenöffentlichkeit "zur katholischen Mammut-PR-Veranstaltung Weltjugendtag" schaffen, sagt der Trierer Autor. 31,8 Prozent der Deutschen seien mittlerweile konfessionslos und hätten damit 31,3 Prozent Katholiken zahlenmäßig überholt. Es dürfe nicht der Eindruck aufkommen, die Deutschen stünden geschlossen hinter den Weltjugendtagen. Salomon und seine Mitstreiter wollen die Öffentlichkeit "für die eigentlichen Werte der Religionen und die damit verbundenen Gefahren" sensibilisieren. Die meisten Konflikte seien religiös motiviert oder durch Religionen verschärft worden, sagt der Trierer Religionskritiker. Er warnt vor einer "erschreckenden Zunahme von katholischem Fundamentalismus". Vor allem in den USA wehrten sich große Bevölkerungsteile "gegen alles, was mit Aufklärung und Humanismus zu tun hat". Enttaufungszeremonie um Mitternacht

Weiteres Ziel der "religionsfreien Zone": Man will bei den geplanten Veranstaltungen Spaß haben und Spaß vermitteln. Es müsse deutlich werden, dass die Prinzipien der Aufklärung "nicht nur gesamtgesellschaftlich vernünftiger" seien, sondern für jeden Einzelnen "einen beträchtlichen Zugewinn an Lebensfreude" bedeuteten. Diesen Gedanken spiegelt das Motto der Gegenbewegung wider: "Heidenspaß statt Höllenqual". Auf dem offiziellen Plakat der "Religionsfreien Zone" ist ein schwarzes Schaf neben einem Verbotsschild mit betenden Händen zu sehen. "Wir versuchen einen Spagat", sagt Michael Schmidt-Salomon. "Auf der einen Seite wollen wir nicht verstaubt wirken, auf der anderen nicht leichtfüßig." Und so wechseln sich auf dem Programm der "Religionsfreien Zone" für diese Woche in Köln, Bonn und Düsseldorf Vorträge zu Themen wie "Denn sie wissen nicht, was sie tun - Alte Werte, neue Scheiterhaufen" oder "Wa(h)re Nächstenliebe - Die Legende von der Wohltätigkeit der Kirchen" ab mit Veranstaltungen wie dem "1. Kölner FreiGeisterzug" und einer "Heidenspaßparty" mit "Enttaufungszeremonie um Mitternacht". Mit solchen Programmpunkten haben es Schmidt-Salomon & Co. in den vergangenen Tagen bundesweit in die Schlagzeilen geschafft. Dass sich daran die Geister ebenso scheiden wie am Medienrummel um die Weltjugendtage, ist erklärtes Ziel der "Religionsfreien Zone". "Es geht uns nicht darum, religiöse Gefühle zu verletzen", sagt Schmidt-Salomon. "Niemand darf um des Verletzens willen verletzt werden. Aber Aufklärung bedarf oft des Verletztens."

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