Schwarze Witwe mit festem Biss

BERLIN. Eine Männer-verschleißende "Schwarze Witwe" - so stellen Kritiker die CDU-Chefin Angela Merkel gerne dar. Der Rücktritt von Laurenz Meyer liefert ihnen neue Nahrung.

Dass Angela Merkel so lange gezögert hat, ihren Generalsekretär zu feuern, hat einen simplen Grund: Meyer war vom Parteitag gewählt und konnte nicht ohne weiteres entlassen werden. Entscheidender aber waren vier Namen: Wolfgang Schäuble, Friedrich Merz, Horst Seehofer, Hermann-Josef Arentz. Merkel wollte den Eindruck vermeiden, "dass die schwarze Witwe wieder zugebissen hat", wie jemand aus ihrem Umfeld formulierte. Schließlich ist ihr (politischer) Männerverschleiß, siehe oben, durchaus beachtlich. Welch ein Jahr für die Parteichefin! Gestartet als "Winterkönigin" (Süddeutsche Zeitung), die der CDU ein knackiges Reformprogramm verordnet hatte und auf dem Olymp der Umfragen, schien Merkel die CDU schnurstracks zurück zur Macht führen zu können. Doch schon bald fielen ihr die Zacken reihenweise aus der Krone. Die Suche nach einem Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten geriet zum unwürdigen Geschacher, es folgten Dämpfer bei Landtagswahlen und Europawahl, dann artete der Streit der Schwesterparteien CDU und CSU über die Kopfpauschale in ein monatelanges Gezerre aus. Zu allem Überfluss kündigte ihr Intimfeind Friedrich Merz die Mitarbeit auf. Später musste auch Fraktions-Vize Horst Seehofer weichen, weil er Merkels Gesundheitspolitik nicht mittrug.Hauptproblem: CDU versprüht keinen Glanz

Der Rücktritt des CDA-Vorsitzenden Hermann-Josef Arentz war zwar nur eine Randnotiz, doch auch der Anfang vom Ende Meyers. Nun steht die CDU wieder mal in den Schlagzeilen. In jenen, die Minuspunkte einbringen. Medienleute, die Merkel nicht mögen, etikettieren sie gerne als männermordenden Vamp. Schließlich habe sie ja schon Helmut Kohl abgemeiert und kaltblütig den Untergang ihres Förderers Schäuble begleitet. Merkel haftet das Image der kühlen Karrierefrau an, die sich in ihrem Machtstreben von niemandem aufhalten lässt. Das ist Kokolores, denn Lehrmeister Kohl hat Zeit seines Lebens nichts anderes gemacht, als potentielle Konkurrenten wegzubeißen. Beim dicken Pfälzer galten solche Verhaltensmuster als Ausweis des Machtinstinkts und der Professionalität. Gewiss kann Merkel nach Meyers Rücktritt nun etwas beruhigter in den Weihnachtsurlaub fahren. Aber sie sollte sich Gedanken machen, ob die CDU in einer Weise aufgestellt ist, die beim Wahlvolk Eindruck hinterlässt. Fraglos ist Meyers Nachfolger Volker Kauder ein solider Arbeiter - doch seine Person verdeutlicht Merkels Hauptproblem: Ihr Team versprüht, im Gegensatz zu dem Kohls, keinen Glanz. Kein Querdenker regt die Sinne an, und die interessantesten Figuren, Schäuble und Merz, stehen in der zweiten Reihe. Mittelfristig können Merkel und die CDU aber nur gewinnen, wenn die Chefin ein attraktives Team präsentieren kann, das das Programm der Partei glaubwürdig vertritt.

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