Schwere Zeiten für Schwarzarbeiter

BERLIN. Der Ehrliche soll nicht länger der Dumme sein: Der Bundestag hat mit der Regierungsmehrheit ein Gesetz gegen die Schwarzarbeit verabschiedet. Die Opposition hat Einwände und wird das Gesetz wohl im Bundesrat kippen.

Neun Millionen Menschen, so schätzen Experten, nehmen es in Deutschland mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht so genau. Sie stocken ihr (nicht immer) karges Einkommen mit Schwarzarbeit auf, entziehen dem Staat also Steuern und Abgaben. Brutto für netto, eine schöne Formel - die den klammen Bundesfinanzminister Hans Eichel in hohem Maße verdrießlich stimmt. Denn würden alle Bürger Steuern und Abgaben zahlen, sagte der Kassenwart der Nation am Donnerstag in Berlin, "dann hätten wir keine Probleme im Haushalt und bei den sozialen Sicherungssystemen". Von diesem paradiesischen Zustand muss Hans Eichel auch weiterhin träumen, denn er selbst erhofft sich aus dem gestern verabschiedeten "Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung" höchstens eine Milliarde Euro Mehr-Einnahmen. Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts des gigantischen Schuldenbergs (etwa 1,3 Billionen Euro), den die bisherigen Finanzminister des Bundes und der Länder aufgetürmt haben. Aber immerhin ein Beitrag, das Krebsübel Schattenwirtschaft zu bekämpfen. Fast zwei Stunden zankten sich Koalition und Opposition im Bundestag, wobei jede Seite schon vorher wusste, was die andere sagen würde, denn das Thema wird seit Jahresbeginn diskutiert. Seine heiße Phase erlebte die Debatte im Februar, als Eichel noch der Illusion nachhing, auch mit den schwarzen Unsitten im privaten Bereich aufräumen zu können. Nach dem öffentlichen Sturm der Entrüstung über den kühnen Plan, auch simple illegale Hilfstätigkeiten in Küche und Garten kriminalisieren zu wollen, musste der Finanzminister seinen Gesetzentwurf aber auf Druck des Kanzlers überarbeiten. Jetzt bleiben nicht angemeldete "haushaltsnahe Tätigkeiten" (vom Putzen bis zum Babysitten), was sie bisher schon waren: Ordnungswidrigkeiten. Aber auch deren Verfolgung braucht niemand zu fürchten, denn die Privatwohnung bleibt für Schwarzarbeitsbekämpfer tabu. Dafür soll es der gewerblichen Schwarzarbeit verstärkt an den Kragen gehen (siehe Hintergrund). Bis zu 7000 Fahnder sollen künftig auf die Jagd nach Arbeitgebern und Arbeitnehmern gehen, die den Staat betrügen und dem Bruttoinlandsprodukt schätzungsweise 370 Milliarden Euro entziehen."Baustein für mehr Beschäftigung"

Finanzminister Eichel lobte sein Werk im Bundestag erwartungsgemäß als "Baustein für mehr Beschäftigung", der zugleich die "oft menschenverachtende Ausbeutung" der (ausländischen) Schwarzarbeiter zurückführen könne. Es sei im Interesse aller, "wenn der Steuerehrliche nicht der Dumme ist". Dem mochte die Opposition zwar nicht widersprechen, doch sie sperrte sich trotzdem gegen den Gesetzentwurf, dem sie die Zustimmung verweigerte. Eichels Vorhaben sei bloß ein Sammelsurium untauglicher Ideen, sagte die CDU-Arbeitsmarktexpertin Elke Wülfing. Unterstützung fand sie bei dem FDP-Finanzpolitiker Carl-Ludwig Thiele, der den Kampf gegen die "wirklichen Ursachen" der Schwarzarbeit vermisste: "Zu hohe Steuern, zu hohe Abgaben, überbordende Bürokratie." Vermutlich am 11. Juni wird sich der Bundesrat mit dem Gesetzentwurf befassen. Seine Zurückweisung in die Ausschüsse gilt als sicher. Gut möglich, dass er auch im Vermittlungsausschuss landet, wo er dann kompromissfähig getrimmt werden kann.

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