Seehofer kompromisswillig im Erbschaftsteuer-Streit

Eine "neue Ära" sei angebrochen, verkündete am Freitag der frisch gewählte bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer bei seinem ersten großen Auftritt in Berlin. Seehofer bezog dies auf sein stark verjüngtes Führungspersonal. Aber er meinte damit auch einen neuen Stil. Die CSU wolle "dialogorientierter" auftreten. Im Erbschaftsteuer-Streit einigte Seehofer sich mit der CDU-Chefin Angela Merkel auf eine gemeinsame Unions-Position für die Verhandlungen mit der SPD.

Berlin. Linie der Union für das am Montagabend geplante Spitzengespräch mit der SPD soll es nun sein, bei Häusern und Wohnungen die Freibeträge für nahe Angehörige so hoch zu setzen, dass sie darin im Erbfall weiter steuerfrei wohnen können. Und zwar auch bei Münchener oder Frankfurter Immobilienpreisen, wie Seehofer erläuterte. Unter dieser Voraussetzung will er auf die Forderung verzichten, dass jedes Bundesland die Freibeträge selbst festlegen kann.
Hoffnung für Betriebserben

Bei Erben von Betriebsvermögen solle über Fristen erreicht werden, dass sie keine Steuerlast trügen.

Genauere Angaben wollte Seehofer nicht machen, denn er suche ein Verhandlungsergebnis mit der SPD. "Die kommen ja nicht als Befehlsempfänger in die Gespräche."

Einigermaßen pikiert reagierte der CSU-Chef deshalb, weil ihm in der Pressekonferenz vorgehalten wurde, dass der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, am Morgen schon Zahlen genannt hatte: 1,5 Millionen Euro als Freibetrag für Häuser und Wohnungen pro Ehegatten und Kind, und eine 85-prozentige Steuerbefreiung bei Betrieben, wenn sie sieben Jahre gehalten werden. Nach zehn Jahren sollen es 100 Prozent sein. Unklar ist, ob die CSU noch zusätzlich hohe Freibeträge für das Geldvermögen fordert.
SPD: Millionären nicht noch Millionen hinterherwerfen

Der Verhandlungsführer der SPD und bayerische Bundestagsabgeordnete Florian Pronold sagte unserer Zeitung, wenn es wirklich nur um selbst genutztes Wohneigentum oder den Betriebsübergang gehe, sei mit den Sozialdemokraten "jede vernünftige Regelung" machbar. "Was nicht geht, ist, dass man Millionären, die nicht wirklich bedroht sind, noch zusätzliche Millionen hinterherwirft."

Am Donnerstagabend hatten sich die Spitzen von CSU und CDU im Kanzleramt getroffen, und die neue Marschroute festgelegt, die den CSU-Forderungen weit entgegenkommt. Dieses Vorgehen, so Seehofer, sei beispielhaft für die künftige Zusammenarbeit. Zunächst müssten sich die Unionsparteien unterein ander verständigen und erst dann den Kompromiss mit der SPD suchen. Der CSU-Chef sprach von einer "Unionsfamilie", die nur gemeinsam Erfolg haben könne. In der Vergangenheit hatte es oft Koalitionstreffen gegeben, bei denen die CSU faktisch als dritte Partei auftrat und nicht selten auch die CDU vor den Augen der SPD-Teilnehmer Mühe hatte, einen Kompromiss mit ihr zu finden.

Der neue CSU-Chef präsentierte bei der Pressekonferenz seine jungen Aushängeschilder für die Bundesebene. Der neue Generalsekretär der Partei, Karl-Theodor zu Guttenberg (36) versprach, er wolle argumentativ auftreten. "Waden schmecken mir nur bedingt", sagte er mit Blick auf die übliche Funktion eines Generalsekretärs als politischer Wadenbeißer.
Fußstapfen in Schuhgröße 46

Die neue Agrarministerin Ilse Aigner (43), die am Morgen ihre Ernennungsurkunde von Bundespräsident Horst Köhler entgegengenommen hatte, erklärte, sie wolle die Politik ihres Vorgängers Seehofer fortsetzen und trete in dessen "sehr große Fußstapfen". Seehofer präzisierte: "Schuhgröße 46."

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