Senioren mischen Immobilienmarkt auf

BERLIN. Wenn von einer wachsenden Alterung unserer Gesellschaft die Rede ist, dann wird das Thema in aller Regel unter dem Aspekt einer auskömmlichen Altersvorsorge oder der Belastungen im Gesundheitswesen diskutiert. Dabei stellt der demographische Wandel auch die Wohnungswirtschaft vor Herausforderungen.

"Die Älteren werden ein verändertes Nachfrageprofil an uns entwickeln", prophezeiht der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungsunternehmen (GDW), Lutz Freitag. Nach seiner Überzeugung muss sich die Branche insbesondere auf eine altengerechte Anpassung der bestehenden Wohnungen einrichten. Stellten die über 65-jährigen Ende 2002 noch 17,4 Prozent der Bevölkerung, so wird ihr Anteil bis 2020 auf 20 Prozent steigen. Im Jahr 2040 ist bereits fast jeder dritte Deutsche im Rentenalter. Und nach aktuellen Untersuchungen wollen über 90 Prozent der Senioren so lange es irgend geht in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben. Die klassischen Ein-Personen-Haushalte verlieren in dieser Altersgruppe künftig an Bedeutung. Denn die Generation mit kriegsbedingt hohem Frauenüberschuss wird zunehmend von Haushalten mit zwei oder mehr Personen überlagert. "Einige werden in Erdgeschosswohnungen umziehen wollen, andere werden auf bauliche Veränderungen angewiesen sein", sagt Freitag. Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen dürften also an Bedeutung gewinnen. In einer aktuellen Trend-Studie rechnet der Verband zugleich mit einer verstärkten Mobilität älterer Haushalte. Motive für den Umzug können eine Verbesserung des Freizeitwertes und eine altersgerechte Versorgungsinfrastruktur sein. Schließlich steigt auch der Bedarf an Pflege und Hilfe. Weil die Angehörigen dazu immer weniger in der Lage sind, werde das betreute Wohnen sowie das gemeinschaftliche Wohnen ("Alten-WG") an Attraktivität gewinnen. Der demographische Wandel bringt allerdings nicht nur qualitative Veränderungen mit sich. Die Wohnungswirtschaft sieht sich auch mit einer sinkenden Nachfrage nach Wohnraum konfrontiert. Bedingt durch die hohe Abwanderung und extrem niedrige Geburtenraten verzeichnen die neuen Länder seit der Wiedervereinigung einen Bevölkerungsrückgang von 1,5 Millionen. Der großzügig mit Steuerabschreibungen geförderte Wohnungsneubau hat das Problem zusätzlich verschärft. Allein im Vorjahr lagen die leerstandsbedingten Mietausfälle zwischen Rügen und Thüringer Wald bei 1,1 Milliarden Euro. Rund 1,3 Millionen Wohnungen sind unbewohnt. Durch den Abriss von mittlerweile 53 700 Wohnungen hat sich jedoch die Leerstandsquote von 16,2 Prozent im Jahr 2002 auf 16,0 Prozent verbessert. Nach den Planungen sollen bis 2010 weitere 350 000 Wohnungen vom ostdeutschen Markt verschwinden. Auch in den alten Bundesländern drohen Leerstände zum Problem zu werden. Im Bereich der GDW fehlen Mieter für 120 000 Wohnungen. Das ist eine Quote von 3,1 Prozent. Überdurchschnittliche Ausfälle werden im Saarland (5,9 Prozent) und in Rheinland-Pfalz (4,5) registriert. Deutlich darunter liegen die südlichen Bundesländer. GDW-Chef Freitag fordert vom Bund, ab 2010 ein gesamtdeutsches Stadtumbauprogramm aufzulegen. Darin sollten die innovativen Ansätze und Erfahrungen aus dem Stadtumbau Ost berücksichtigt werden. Die staatlichen Finanzhilfen für den Abriss sowie die Aufwertung des Wohnungsbestands summieren sich für den Osten auf insgesamt 2,7 Milliarden Euro. Für die alten Länder hat der Bund ein Umbauprogramm im Umfang von 40 Millionen Euro aufgelegt.

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