Shooting-Star Saarland

BERLIN. Ranglisten sind nicht nur im Fußball beliebt, sondern neuerdings, siehe Pisa-Studie, auch in der Politik. Ein Ländervergleich, der gestern in Berlin vorgestellt wurde, dürfte regional noch für viele Diskussionen sorgen. Denn seit dem Jahr 2000 gibt es in dieser Hitliste deutliche Verschiebungen, die auf gute und auf schlechte Politik schließen lassen.

Das Berliner Institut "berlinpolis" hatte insgesamt 27 Daten verglichen. Diese betrafen nicht nur ökonomische Indikatoren wie die Wirtschaftsleistung oder die Arbeitslosenquote, sondern auch "weiche" Faktoren. Zum Beispiel die Abiturientenquote, die Zahl der Kindergartenplätze oder die Geburtenziffer. Die Studie bilde daher die soziale Lage insgesamt ab, meinen die Autoren. Auf sechs Themenfeldern wurden Ranglisten erstellt, daraus dann ein Durchschnittswert. Platz eins nimmt demnach Baden-Württemberg ein, das im Jahr 2000 noch auf Platz vier gelegen hatte. Ministerpräsident Günther Oettinger war bei der Präsentation gestern in Berlin stolz auf dieses Ergebnis, verwies aber von sich aus darauf, dass der Vergleich auch Schwächen aufzeigte. Sein Land liegt beim Durchschnittseinkommen pro Haushalt mit 19 233 Euro, bei der Arbeitslosenquote mit 7,8 Prozent und bei der Verschuldung mit nur 3685 Euro je Einwohner immer in der Spitzengruppe. Aber beim Thema Familie erreicht es nur einen mageren 13. Platz unter 16 Ländern, unter anderem wegen der geringen Zahl der Kinderkrippenplätze. "Hier müssen wir noch viel tun", sagte Oettinger. Ähnlich sieht es übrigens in Bayern aus, das seinen zweiten Platz behauptete. Hamburg rutschte vom ersten auf den dritten Platz ab, dann folgt Hessen. Absoluter Shooting-Star im Vergleich zum Jahr 2000 ist das Saarland, das sich von Platz 14 auf Platz sechs verbesserte. Positiv wirkten hier das Absinken der Arbeitslosigkeit und die besseren Bildungsdaten. Das Saarland hat aber den zweithöchsten Anteil älterer Bevölkerung und verzeichnet eine hohe Abwanderung. Am tiefsten gefallen ist laut dieser Studie Thüringen (von Platz sechs auf Platz 15). Negativ überholt wird es nur von Mecklenburg-Vorpommern, das Sachsen-Anhalt als Schlusslicht ablöste. In allen östlichen Ländern ist das Durchschnittseinkommen mit rund 14 000 Euro gut ein Drittel niedriger als bei den Spitzenreitern, die Arbeitslosigkeit mit gut 20 Prozent dafür drei Mal so hoch. Aber alle neuen Länder liegen beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf den oberen Plätzen. Zwar werden alle Länder der Spitzengruppe von Unions-Ministerpräsidenten regiert, doch hält selbst Oettinger parteipolitische Schlüsse für "sehr verkürzt". Das SPD-regierte Rheinland-Pfalz zum Beispiel stieg auf (von Platz acht auf Platz fünf), das CDU-regierte Niedersachsen rutschte ab (von Platz sechs, damals gleichauf mit Thüringen, auf Platz neun). Zwar hätten die Unions-Länder generell eine bessere Bildungspolitik gemacht, meinte Stuttgarts Ministerpräsident, doch zeige diese Studie, dass es in Deutschland ein starkes Nord-Süd-Gefälle gebe. Und wenn im Süden stärker CDU gewählt werde, habe das eher mit der Wirtschaftsstruktur und dem Katholizismus zu tun.

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