"Sie kam mit einer unglaublichen Wucht"

COLOMBO/SCHLEICH. "Das Wasser ging völlig zurück, bevor es eine halbe Stunde später mit einer unheimlichen Wucht das Land überschwemmte." Franz Kirsch aus Schleich an der Mosel (Kreis Trier-Saarburg) hat die Flutkatastrophe in Südasien am Strand von Sri Lanka erlebt. Seit Mittwochabend ist er wieder in Deutschland und sprach mit dem TV .

Franz Kirschs Erzählungen gleichen einem Horrorfilm. "Es war eine völlig merkwürdige Atmosphäre. Die Vögel waren sehr nervös und sind wild herum geflogen. Und auch das Tageslicht hat sich irgendwie verändert." Kirsch erzählt nicht von einem Film, sondern von seinem Urlaub auf Sri Lanka. Er erzählt von der letzten halben Stunde vor der Welle. Der letzten von drei Wellen, die vieles am Strand von Negombo, südlich der Hauptstadt Colombo, zerstört hat. Bei der ersten der drei Wellen morgens um 10 Uhr hat sich Franz Kirsch noch keine Gedanken gemacht. "Wir haben im Garten vor dem Hotel gesessen, knapp hundert Meter vom Strand entfernt. Das Wasser kam mit dieser Welle nur etwas weiter als sonst", erzählt er. Witze habe er darüber noch gemacht, mit einem Bekannten gelacht. Auch noch, als etwas später der Strom ausgefallen ist. Gegen 12 Uhr kam dann die zweite Welle. Das Wasser überschwemmte den Strand und machte kurz vor der Gartenmauer, knapp 60 Meter vom Strand und 30 Meter vom Hotel entfernt, halt. "Danach hätten wir uns Sorgen machen müssen, schon allein wegen der merkwürdigen Atmosphäre und den aufgeregten Tieren. Aber keiner hat realistisch an eine solche Katastrophe gedacht." Sorgen hätte Kirsch sich auch machen müssen, weil das Meer sich völlig zurückzog. "Das war ein Phänomen. Dort, wo sonst das Wasser zwei Meter hoch stand, konnte ich mit einem Bekannten spazieren gehen." Hätte Franz Kirsch das eine halbe Stunde später getan, wäre er jetzt vermutlich nicht mehr am Leben. Dann kam die dritte und letzte Welle - mit einer unglaublichen Wucht. "Sie war nicht sehr hoch, aber sehr gewaltig, gleichmäßig und lang." Das Wasser hat Kirsch und seinen Bekannten im Speisesaal des Hotels erwischt und mitgerissen. Etwas mehr als einen Meter hoch standen die beiden im Wasser. Die Mauer, vor der die zweite Welle noch Halt gemacht hat, war danach weg. "Die Welle hat alles umgerissen im Hotel. Außer der Mauer vor dem Garten ist das Hoteläußere aber fast unbeschädigt geblieben. Nur eine Wand ist eingestürzt." Seine Tochter Jacqueline hatte Franz Kirsch vorher "aus einer Art Beschützerinstinkt heraus" mit den anderen Kindern in den zweiten Stock gebracht. Dort ist zwar kein Wasser eingedrungen, durch das laute Krachen und Knallen hatte die Fünfjährige aber Angst. "Als ich zu ihr kam, hat sie geschrien und wollte auf meinen Arm und auf keinen Fall wieder mit den Füßen auf den Boden." Ernsthaft verletzt hat sich keiner aus dem Hotel. Lediglich Schnittwunden und blaue Flecken haben die Menschen dort abbekommen. "Die hat meine Frau, die Ärztin am Trierer Mutterhaus ist, schnell verarztet." Doch nicht alle Teile der Westküste Sri Lankas sind so glimpflich wie Negombo davon gekommen. Eine acht Kilometer entfernte Anlage, in der Bekannte des Wassersportlers urlaubten, wurde weggespült. "Da ist alles aus den Zimmern gerissen worden, die Bungalows sind völlig zerstört." Das Paar habe noch den Nachttisch mit Papieren, Tickets und Geld wegschwimmen sehen. Von der Botschaft in Colombo konnten die Deutschen keine Hilfe bekommen. "Es gab kein Durchkommen dorthin. Die Botschaft hat nur zwei Telefonleitungen, das Gebäude wird so stark bewacht, dass keiner rein kommt", ärgert sich Kirsch. Von den Einheimischen sei die Hilfsbereitschaft allerdings sehr groß gewesen. Am Flughafen von Colombo hat Franz Kirsch vor dem Abflug zwei Deutsche aus München getroffen. Das Paar war in der landestypischen Tracht gekleidet. "Die beiden hatten alles verloren, was sie dabei hatten: Kleider, Geld, Papiere. Die Tracht haben sie von Einheimischen bekommen, damit sie nicht im Bikini nach Hause fliegen müssen."

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