Sitzgemeinden bleiben auf Kosten sitzen

TRIER. Spötter behaupten, Sitzgemeinden hießen so, weil sie auf ihren Kosten sitzen bleiben. Die Schülerbeförderung ist so ein Beispiel. Die Stadt Trier als Sitzgemeinde vieler Förder- und weiterführender Schulen kommt nicht nur für den Transport ihrer Pennäler auf, sondern auch für Schüler aus dem Umland.

Die Stadt Trier wird kräftig zur Kasse gebeten. Das trifft auch auf die Haushaltsstelle 1.2900.6390.000 "Schülerbeförderung zwischen Wohnung und Schule" zu. Das im Haushalt 2005 eingestellte Geld reichte nicht, und der Stadtrat segnete vor wenigen Tagen eine überplanmäßige Ausgabe von 220 000 Euro ab. Er hatte auch keine andere Wahl, denn im Schulgesetz ist festgelegt, dass ausschließlich die Schulstandorte für die ungedeckten Kosten der Schülertransporte aufkommen müssen. Städtischer Anteil steigt weiter an

Für Trier bedeutet dies: Abzüglich der Elternbeiträge und der Zuschüsse vom Land beträgt der Eigenanteil im Jahr 2005 1,1 Millionen Euro. Bis 2007 wird der städtische Anteil voraussichtlich auf 1,36 Millionen Euro ansteigen. Für Triers Oberbürgermeister Helmut Schröer zeigt das Beispiel Schülerbeförderung exemplarisch, wie ungerecht die kommunalen Finanzmittel verteilt sind. "Es kann nicht sein, dass die Standortgemeinde alles zahlt und die Wohnsitzgemeinden nichts", klagt der Verwaltungschef. Rund 53 Prozent der zu Trierer Schulen beförderten Kinder (ohne Berufsschulen) kamen im Schuljahr 2004/2005 aus dem Umland, überwiegend aus dem Kreis Trier-Saarburg. Anfahrt sogar aus Jünkerath

Wegen der größeren Entfernungen seien die Kosten für diese Schüler auch vergleichsweise höher als die für Trierer Schüler, erläutert Schröer. Besonders der so genannte freigestellte Schülerverkehr zu Förderschulen schlägt mit hohen Kosten zu Buche. In einem Fall wird ein behindertes Kind aus der Nähe von Jünkerath mit einem Spezialfahrzeug 110 Kilometer weit nach Trier gebracht. Einfluss auf solche Zuweisungen, die von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier vorgenommen werden, hat die Stadt nicht. Sie darf zahlen - so schreibt es Paragraph 69 des Landesschulgesetzes vor. Mehrfach hat der rheinland-pfälzische Städtetag gefordert, das im Schulgesetz verankerte Schuldstandortprinzip durch das Wohnsitzprinzip zu ersetzen. "Wir wollen, dass die Kosten der Schülerbeförderung zwischen Städten und Kreisen gerecht verteilt werden", sagt Städtetag-Vorsitzender Christof Wolff. In der Beantwortung einer Abgeordneten-Anfrage hat Bildungsministerin Doris Ahnen das derzeitige Schüler-Beförderungssystem als sachgerecht bezeichnet. Die Finanzbeziehungen zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften sollten nach Ansicht der Ministerin nicht punktuell, sondern im Rahmen einer Gesamtbetrachtung entschieden werden. OB Schröer will seinen Standpunkt nicht als Kritik an den Landkreisen verstanden wissen. Dass sich an der Stadt-Land-Verteilung bei den Kosten der Schülerbeförderung bisher nichts getan habe, führt er auf die Zusammensetzung des Landtags zurück: "Es kommen mehr Abgeordnete vom Land, und damit ist alles gesagt." Landrat Richard Groß (Kreis Trier-Saarburg) bringt zwar Verständnis für die Haltung der Stadt Trier auf, verweist aber auf die Gesetzeslage. Im Übrigen habe die Stadt seinerzeit die Gymnasien in Konz und Schweich verhindern wollen, was ihr im Fall Schweich auch geglückt sei. Groß: "Sie wollten die Schüler, jetzt haben sie sie."

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