So hört Triers Polizei Handys ab

TRIER. Nette Abwechslung am 14. Verhandlungstag im so genannten Kneipen- gangster-Prozess: Ein Trierer Kripobeamter plauderte aus dem Nähkästchen über Möglichkeiten und Grenzen der Telefonüberwachung.

Schon seit Ende Oktober wird vor dem Trierer Landgericht acht überwiegend deutsch-russischen jungen Männern der Prozess gemacht. Den Angeklagten werden unter anderem Überfälle auf Gaststätten in Krautscheid (Kreis Bitburg-Prüm) und Weidenbach (Kreis Daun) vorgeworfen. Nicht zuletzt dank dutzender Beweisanträge der Verteidiger trat das Verfahren bis dato immer wieder auf der Stelle. Nun scheint erstmals etwas Bewegung in die Sache zu kommen.Polizei weiß, wo der Handybesitzer steht

In den Verhandlungspausen tuscheln mittlerweile Rechtsanwälte mit den beiden Staatsanwälten Wolfgang Spies und Wolfgang Bohnen, dann wieder mit ihren Mandanten - erste Anzeichen für einen möglicherweise bevorstehenden "Deal" nach dem Motto: Wer zumindest ein Teilgeständnis ablegt, wird rasch abgeurteilt und kommt glimpflicher davon. Noch aber ist es nicht so weit. Derweil gab's am Mittwoch Fortbildungsunterricht in Sachen "Wie komme ich einem Gangster auf die Schliche? - heutiges Kapitel: die Telefonüberwachung". Detailliert schilderte ein Kripobeamter des Trierer Polizeipräsidiums, wie Handy-Gespräche abgehört werden und welche zusätzlichen Informationen die Ermittler bekommen. Ausgangspunkt der TÜ (Telefonüberwachung) ist demnach ein richterlicher Beschluss oder - wenn's brennt - eine Eil-Anordnung der Staatsanwaltschaft. Die wird dem jeweiligen Netzbetreiber übermittelt, also beispielsweise E-Plus oder D 1. Dazu die Information, wohin die Daten übermittelt werden sollten, etwa ins Trierer Polizeipräsidium. Ab dann wird jedes Gespräch, das der mutmaßliche Gangster von seinem Handy aus führt, per Datenleitung direkt digital ins Präsidium übertragen und dort aufgezeichnet. Unmittelbar nach Ende des Telefonats werden automatisch auch die so genannten Verbindungsdaten mitgeteilt, also wer hat wann wie lange mit wem telefoniert. Zusätzlich gibt's vom Netzbetreiber noch die Geo-Daten des überwachten Handys. Bedeutet im Klartext: den exakten Standort der Antenne, über die das Telefonat weitergeleitet wurde. Da die Mobilfunkmasten (zumindest in Städten) im Abstand weniger hundert Meter montiert sind, lässt sich mit diesen Daten ein recht genaues Bewegungsprofil des Handybesitzers erstellen. Die Polizei weiß also nicht nur, mit wem der vermeintliche Gangster gesprochen hat, sondern auch wo in etwa er sich befand. Wird ein Handy abgehört, können automatisch auch alle abgeschickten und empfangenen Kurzmitteilungen (SMS) von den Ermittlern gelesen werden. Abhörsicher beziehungsweise nicht zu orten sind Handybesitzer nach Angaben des Trierer Kripobeamten, wenn die Telefone ausgeschaltet sind oder nicht telefoniert wird. So überaus auskunftsfreudig sich das örtliche Polizeipräsidium zu technischen Details der Telefonüberwachung gibt, so verstockt ist die Behörde in punkto Zahlen. Wie viele TÜ-Anordnungen es jährlich im Bereich des Polizeipräsidiums Trier gibt, wird behandelt wie ein Staatsgeheimnis. Die Zahl der bundesweiten TÜ-Anordnungen ist dagegen bekannt. 2003 waren es knapp 25 000. Nach Schätzungen von Experten wurden dadurch 20 Millionen Gespräche und über 1,5 Millionen Menschen belauscht.

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