Spangdahlem: "Wir machen ja nur unseren Job"

SPANGDAHLEM. Mit rund 100 Soldaten ist die letzte große Gruppe von der US-Airbase Spangdahlem in die Golfregion aufgebrochen. Dauer des Einsatzes: ungewiss.

 Ein letztes Kopftätscheln: Der Vater fährt in die Krisenregion. Wann er zurück kehrt, weiß er nicht.Foto: Friedemann Vetter

Ein letztes Kopftätscheln: Der Vater fährt in die Krisenregion. Wann er zurück kehrt, weiß er nicht.Foto: Friedemann Vetter

"Es war ganz still", sagt Alberto Ruiz. "Für einen Moment jedenfalls." Am Dienstagabend hat ihr Chef es ihnen gesagt. Es war eine ganz normale Besprechung in ihrem normalen Besprechungsraum, aber dann hieß es: "Am Donnerstag geht ihr runter." Der 25-Jährige lächelt und zieht an seiner Zigarette. Er steht mit vier Kameraden neben einem kleinen Laster. Dort stapeln sich die grünen Armee-Säcke mit den Kleidern der Soldaten. Um sie herum schwirren Menschen in "Desert Camouflage"-Anzügen - den hellen Tarnanzügen für die Wüste. Wer keine Handschuhe trägt, hat vor Kälte rote Finger. Einige tragen schon die Sonnenmützen. "Seit einem Monat rechnen wir damit, dass wir runter geschickt werden", sagt Ruiz. "Ich glaube, es wird Krieg geben. Sie geben doch nicht dieses ganze Geld für nichts aus." Ruiz ist Mechaniker. Unter anderem wartet er auch Teile der F-16-Kampfjets. Die verlegten Soldaten haben unterschiedliche Arbeitsfelder. "Es sind Waffenbelader, Mechaniker, Computerfachleute, Sicherheitsoffiziere und auch vier Nachrichtenoffiziere", sagt Rich Romero vom Spangdahlemer Pressebüro. Zu den Aufgaben der Nachrichtenoffiziere gehöre es, Satellitenbilder auszuwerten und die Piloten über Truppenbewegungen und Raketenstützpunkte am Boden zu informieren. Sie sind die potenziellen Ansprechpartner der Geheimdienste. Alberto Ruiz ist nicht verheiratet und seine Kumpel auch nicht. Als er hörte, er "geht runter", rief er nur seine Mutter an. Sie habe keine Angst um ihn gezeigt. Die Kubanerin sei stolz auf ihren Sohn. "Sie unterstützt einen Krieg im Irak. Wissen Sie, wir sind aus New York City." Während Ruiz und seine Freunde noch ein paar Zigaretten vor dem Flug rauchen, stehen Sean Bartley und seine Ehefrau Amber dicht nebeneinander und reden leise. Ambers Unterlippe bebt. Ihr Mann trat direkt nach der High School in die US-Luftwaffe ein. "Ich hoffe, dass es keinen Krieg geben wird. Bush ist nicht der Bösewicht, für den ihn einige halten", sagt der 20-Jährige. Trotzdem: Vor zwei Wochen setzte sich das Paar hin und zahlte schon vorab die nächsten Rechnungen der Autoversicherung und fürs Telefon. "Ich weiß nicht, wie lange ich dort sein werde." Sean hat Amber eine Generalvollmacht erteilt. Seans Vorgesetzter ist auch gekommen, um ihm die Hand zu geben. "Ja, es ist ein trauriger Moment", sagt er. "Aber wir machen ja nur unseren Job." "Gott wird dann bei mir sein"

Wenn die gestern abgeflogenen Soldaten ihr Ziel erreicht haben, sind insgesamt 800 Spangdahlemer US-Soldaten am Golf. Sie bleiben auf Luftwaffenstützpunkten. Auf die seien im Golfkrieg Skud-Raketen geschossen worden, sagt Pressesprecher Romero. Den gefährlichsten Job haben im Falle eines Krieges die Piloten. Zu ihnen gehört Chris Krosschell. Er ist der einzige F-16 Kampfjetpilot, der gestern mit der Gruppe abreist. Seine Kollegen sind schon vor Ort. Patrouillen-Flüge entlang der irakischen Grenze ist er schon geflogen. Dabei habe er noch nie eine Rakete auf eine Bodenstation abgefeuert, sagt er. "Im Moment habe ich überhaupt keine Gefühle der Angst oder Nervosität. Ich bin absolut ruhig", meint der 29-Jährige. "Das kann sich ändern", fügt er hinzu. "Aber Gott wird dann bei mir sein." Nach der Segnung des Militärpfarrers startet die zivile Boeing 727 mit den Spangdahlemer Soldaten an Bord in Richtung Golf - begleitet von zwei F-16 Kampfjets.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort