Spitzengespräch der drei Musketiere

BERLIN. Union und FDP wollen nach einem Wahlsieg zügig umfassende Reformen in der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik durchsetzen. Gestern verabschiedeten Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) und die Chefs von CSU und FDP, Edmund Stoiber und Guido Westerwelle, erste Eckpunkte für ihre Zusammenarbeit.

Wie die berühmten drei Musketiere marschierten sie gestern flotten Schrittes Schulter an Schulter in den großen Saal ein: Links Guido Westerwelle, in der Mitte Angela Merkel und rechts Edmund Stoiber. Fehlten nur noch Hut mit Federbusch und Degen - für die Fotografen wäre die symbolische Szene perfekt gewesen.Es war dies der erste gemeinsame Auftritt der Parteichefs von CDU, CSU und FDP im Wahlkampf - und es wird der einzige bleiben. Und das an "historischer Stätte", wie die Kanzlerkandidatin gestern betonte. Denn in den Hinterzimmern dieses Gebäudes hatten Westerwelle, Merkel und Stoiber sich 2002 auch schon auf eine gemeinsame Linie für den Vermittlungsausschuss verständigt. Die Kernbotschaft der drei Politiker an diesem Donnerstag im Axica-Tagungszentrum, Pariser Platz 3, am Brandenburger Tor: Gemeinsam wollen wir in einer "Koalition des Aufbruchs" Rot-Grün ablösen.

Danach wird es, so Merkel gestern kämpferisch, "schnelle, zügige und sachliche Koalitionsverhandlungen" geben. "Das Zaudern hört mit Union und FDP auf." Zuvor hatten die Spitzen der drei Parteien noch einmal einen Blick auf die gemeinsame Erklärung geworfen, mit der sie in die Schlusskurve des Wahlkampfes sprinten wollen. Mit dabei in dieser ersten gut einstündigen schwarz-gelben Programm-Sitzung: Auf CDU-Seite neben Merkel noch Generalsekretär Volker Kauder, von dem es heißt, er habe gute Chancen, neuer Fraktionschef zu werden, und Roland Koch, Ministerpräsident von Hessen. Stoiber hatte Generalsekretär Markus Söder und die Allzweckwaffe Michael Glos mitgebracht, der in einem schwarz-gelben Kabinett wohl Minister werden wird. An Westerwelles Seite diskutierten Generalsekretär Dirk Niebel und FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt.

Am Ende war man sich dann einig über ein siebenseitiges Eckpunktepapier, das erste gemeinsame Aussagen zu den Themen "Arbeit hat Vorfahrt", "Neue Steuergesetzgebung", "Solide Haushaltspolitikpolitik", "Priorität für Familien" und "Innovationskraft stärken" enthält. Thesenartig, nur in vereinzelten Punkten auch mit ganz konkreten Handlungsanweisungen versehen. Auffällig an dem Papier: Alle strittigen Punkte zwischen Union und FDP blieben fein säuberlich ausgespart. Etwa die Mehrwertsteuer oder die Themen Innere Sicherheit oder Türkei-Politik. Merkel: "Wir wollen mit diesen Eckpunkten zeigen, was uns verbindet. Wir sind gut vorbereitet. Alles andere ist Sache von späteren Koalitionsverhandlungen." Pflichtbewusst springt ihr der CSU-Chef bei: "Wir haben ganz eindeutig die größten übereinstimmenden Schnittmengen mit der FDP. Es gibt zu Rot-Grün nur eine einzige politische Alternative. Und das ist Schwarz-Gelb." Er jedenfalls spüre im ganzen Land "einen alles dominierenden Wechselwillen". Westerwelle räumt ein: "Natürlich haben wir zwischen unseren Parteien unterschiedliche Positionen. Aber niemand darf sich täuschen. Wir wollen zusammen regieren. Und die Gemeinsamkeiten überwiegen ganz eindeutig." Union und FDP hatten sich in den zurückliegenden Wochen immer wieder heftig in den Haaren gelegen. Nicht nur zum Thema Mehrwertsteuer. Viele Wähler hatte der Streit irritiert. Schon deshalb mag die versöhnliche Wirkung eines inszenierten Dreier-Wechselgipfels sinnvoll erscheinen. Als Demonstration einer freundlichen Koalitionswelt nach dem 18. September. Ob es so kommt?

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