St. Martin und die Neckarmänner

Der Juli 2004 ist beständig. So versprachen die Meteorologen mal wieder Regen und Kälte für den Samstag. Aber davon lässt sich die Sonne anfangs nicht beeindrucken. Nur hin und wieder schiebt sich mal eine dunkle Wolke vor sie.

Das überraschend passable Wetter macht den ersten Bands zu schaffen. Während "The Seesaw" aus Österreich und "Toni Kater", das neue Sternchen am Berliner Songwriter-Himmel, spielen, zeigen viele Zuhörer der Bühne die kalte Schulter. Den rockenden Schweden von "Mando Diao" geht es nicht besser. Schuld daran ist nicht die Musik (ganz im Gegenteil!) - die Sonne knallt eben aus der anderen Richtung. Die Pessimisten packen ihre Regenjacken weg, und die Optimisten sind sich ihres Sieges sicher. Doch das wird sich noch ändern. In den Umbaupausen fliegt ein kleiner Zeppelin über das Festivalgelände. Erst bei genauerem Hinschauen fällt auf, dass er an zwei Seilen schwebt und von der Erde aus manövriert wird. Unter dem Flugobjekt hängt eine Jeans als Wurmfortsatz, der hin und her schwingt und schließlich auf die Erde fällt. Wer die Hose als Erster aufhebt, darf sie behalten. Die Sonne scheint Gefallen an der Musik von "2raumwohnung" gefunden zu haben. Den Festivalbesuchern in den ersten Reihen vor der Bühne geht es ähnlich: Hier wird fleißig gehüpft. Nur eine junge Frau steht bewegungslos und lässt die Mundwinkel hängen: "Die Musik ist gar nicht so schlecht, aber die Alte finde ich einfach grausam", sagt die schätzungsweise 20-Jährige über Inga Humpe, die Sängerin von "2raumwohnung". Der Name Humpe ist ihr vermutlich kein Begriff, ganz im Gegensatz zu den älteren Studenten. Die fühlen sich bei der mittlerweile 51-Jährigen an die Neue Deutsche Welle und vor allem an "Codo" aus der Sternenmitte erinnert. Doch da war die heftige Humpe-Kritikerin vermutlich gerade mal ein Jahr alt. Bei ihrem Lied "Sexy Girl" veranstaltet Humpe auf dem Trierer Campus eine Casting-Show der besonderen Art. Sie beordert 15 Mädels und einen jungen Mann aus dem Publikum auf die Bühne. Während sich die Trierer Gogo-Girls von Humpe das T-Shirt hoch ziehen lassen, "nur um mal zu sehen, was sie drunter tragen", stehen ihre Kommilitonen mit offenen Mündern im Publikum. "Oh Gott, das sind ja Annika und Nicole! Wie peinlich!" Annika und Nicole macht das nichts aus. Sie genießen ihre Zehn-Minuten-Berühmtheit. Dann kommen die zehn Musiker auf die Bühne, die für viele der Hauptgrund waren, sich den Samstag an der Uni um die Ohren zu schlagen: die "Söhne Mannheims". Xavier Naidoo und seine Freunde rocken und rappen, das Publikum hüpft im Takt. Zumindest, bis sich der Sommer 2004 wieder auf seine Stärken besinnt: Es fängt an zu regnen. Als die berühmtesten Mannheimer Jünger gerade über die "Bergpredigt" singen, öffnet Petrus seine Schleusen. Die Pessimisten packen ihre Regenjacken wieder aus, und während die Neckarmänner das Gute im Menschen besingen, lassen viele ihre optimistischen Nachbarn mit unter das selbst gebaute Regenzelt. Nach gut einer halben Stunde dreht Petrus den Hahn wieder zu und beendet damit die St. Martin-Heimeligkeit. Allmählich wird es dunkel. Es ist Zeit für den Top-Act des Abends, über den in den vergangenen Wochen so viel spekuliert wurde. "Die Fantastischen Vier" springen in ihren Ivan-Lendl-Trainingsanzügen über die Bühne, reißen das Publikum mit. Von ihren großen Hits spielen Smudo, Thomas D. & Co. nur "Was geht", "Ein Tag am Meer" und "Populär", sie präsentieren aber auch schon Songs ihrer demnächst erscheinenden Platte "Troy" - und die machen Appetit auf ihren nächsten großen Auftritt: Bereits am 13. Dezember spielen "Die Fantastischen Vier" wieder in Trier (Arena). E in Zusammenschnitt der MTV Campus Invasion Trier ist am Dienstag, 27. Juli, 19 bis 20 Uhr, auf MTV zu sehen.

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