Staub und Lärm rund um die Uhr

HETZERATH. Seit Einführung der Maut hat die Zahl der LKW-Fahrten auf Bundes- und Landesstraßen zugenommen. Durch "Maut-Flüchtlinge" hat auch die Verkehrsbelastung in Hetzerath (Kreis Bernkastel-Wittlich) stark zugenommen.

Und schon wieder donnert ein 40-Tonner durch die Ortsmitte von Hetzerath. Tempo 30 wäre eigentlich angesagt, aber das interessiert die meisten "auswärtigen Fahrer", wie eine genervte Anwohnerin berichtet, herzlich wenig. Auch anhalten am Zebrastreifen in der Mitte der Hauptstraße ist beim Kampf gegen die Uhr für einen Großteil der Trucker reiner Luxus, wie Ortsbürgermeister Otmar Mischo empört erzählt. Grund für die Verärgerung der Anwohner der Hetzerather Hauptstraße sind die vielen Brummi-Fahrer, die als so genannte "Maut-Flüchtlinge" lieber ein paar Mal öfter bremsen und sich die Tour auf der L 141 durch Hetzerath antun, um beispielsweise auf der 32,6 Kilometer langen Strecke Trier-Verteilerring bis Wittlich-Mitte 3,91 Euro Mautkosten zu sparen. "Wir haben uns schon gedacht, dass mit Einführung der Maut auch für unsere Straße neue Belastungen kommen, aber dass es so schlimm wird, damit haben wir wirklich nicht gerechnet", sagt eine Hetzeratherin. "Wenn ich morgens auf meiner Terrasse Staub gewischt habe, dann liegt da abends schon wieder eine Zentimeter dicke Schicht drauf. Egal wohin man schaut, alles ist voll Staub. Da klagt alle Welt über das Feinstaub-Problem in den Innenstädten und jammert nach einer City-Maut. Und was sollen wir hier machen, die wir unseren Kindern eine gesunde Umwelt auf dem Land bieten wollen?", empört sich eine besorgte Mutter. "Sie können mir doch nicht erzählen, dass dieser Staub nicht das ganze Dorf belastet. Oder vor der Theke von Metzger und Bäcker Halt macht!" Schäden an sanierten Hausfassaden

Eine in der Hauptstraße ansässige Geschäftsfrau ist inzwischen in großer Sorge um ihre Immobilie: "Meine Mieter beschweren sich schon über den Wahnsinnslärm, der vor allem dann entsteht, wenn Lastwagen mit leeren Containern durch die Straße donnern. Da der Straßenbelag hier so schlecht ist, scheppert es jedes Mal besonders laut – man meint immer, der Krieg sei ausgebrochen." Als weiteres Problem nennt sie die Spritzwasser-Salven, die ihre neu gestaltete Hausfront, die sie im Rahmen des Städtebau-Programms gerade erst sanieren ließ, in kürzester Zeit verunstalten. Und auch Brennereibesitzer Rudolf Hauprich fragt sich inzwischen, weshalb er so viel Geld in die Restaurierung seines Traditionsbetriebes investiert hat, da ohnehin jedes Mal die "Hütte wackelt", wenn wieder ein 20- oder 40-Tonner durchs Dorf donnert. "Unsere neue Treppe bröckelt schon wieder, und das nachdem wir hier alles erst neu gemacht haben", beklagt Hauprich die unhaltbaren Zustände mit den "Maut-Flüchtlingen". Auch Ortsbürgermeister Mischo bereitet die Invasion der Kapitäne der Landstraße einiges Kopfzerbrechen, fragt er sich doch inzwischen, wie man die Anwohner der Hauptstraße noch weiter zu Investitionen im Rahmen der Dorfsanierung motivieren soll, wenn absehbar ist, dass diese aufgrund des enormen Verkehrsaufkommens "bald eh wieder für die Katz sind". Ihm schwebt – gemeinsam mit einer bereits gegründeten Arbeits- gruppe – langfristig eine verkehrs- beruhigte Ortsdurchfahrt ohne Brummifahrer vor. Bis diese Pläne jedoch Realität werden, hat Mischo bereits den Landesbetrieb Straßen und Verkehr, die Kreisverwaltung in Wittlich und die Verbandsgemeinde Wittlich-Land in einem Brief gegen den "unerträglichen Schwerlastverkehr" zu mobilisieren versucht. Leider bis dato mit mäßigem Erfolg. Doch Mischo wirft die Flinte noch nicht ins Korn. Bereits in der kommenden Woche trifft er sich mit seinem Föhrener Amtskollegen Jürgen Reinehr, um eine Allianz im Kampf gegen die Maut-Flüchtlinge zu knüpfen. Dann kann sich beispielsweise der kleine Tom (elf Jahre) künftig wieder unbeschwert dem Spielen widmen kann, statt freitagsnachmittags 68 LKW (davon über 60 Prozent mit fremden Kennzeichen) in der Zeit von 13.30 bis 14.30 Uhr zählen zu müssen. Der Erfolg der Schweicher im Kampf gegen den "Maut-Terror" – dort ist eine 1,8 Kilometer lange und 2,7 Millionen Euro teure Umgehungstrasse geplant und inzwischen sind auch juristische Hürden überwunden – gilt den Hetzerathern als Ansporn. Allerdings wünschen sich die ortsansässigen Bäckereien und die Metzgerei den Erhalt des schon immer üblichen Durchgangsverkehrs wie beispielsweise der Transportunternehmen aus der Region. "Das Aussperren jeglichen LKW-Verkehrs würde mich meinen Arbeitsplatz kosten", befürchtet Helene Lübeck (Mitarbeiterin der Bäckerei Kreusch), die morgens zwischen 6 und 8 Uhr zahlreiche Brummifahrer verköstigt. Auch Ursula Hartl von der gleichnamigen Metzgerei setzt sich für einen maßvollen Umgang mit dem Verkehrsproblem ein: "Die Brummis mit fremden Kennzeichen brauchen wir hier nicht, die halten sowieso nicht an, weil sie‘s eilig haben." Aber auf ihre Stammkunden von den umliegenden Baufirmen können sie und ihre Mitarbeiterinnen nicht verzichten. "Das Land steht hier in der Pflicht", ergänzt eine weitere Geschäftsfrau. Und das dürfte nicht so einfach werden, denn die L 141 wird für Brummifahrer praktischerweise als parallele Nebenstrecke zur A 1 ausgewiesen und gilt ohnehin als Umleitungsstraße, sofern es auf der Autobahn mal wieder gekracht hat.

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