Streit um Entschädigung: "Wie ein Faustschlag ins Gesicht"

Das Aktionsbündnis der Missbrauchsopfer im Bistum Trier (Missbit) hat einen möglichen Entschädigungsbetrag von 5000 Euro als "zu gering" abgelehnt. "Das würden wir als Faustschlag ins Gesicht empfinden", sagte ein Sprecher gestern dem TV.

Trier. Die Diskussion über die Entschädigung von Männern und Frauen, die von katholischen Priestern missbraucht worden sind, nimmt an Schärfe zu. Auch der Missbrauchsbeauftragte der Kirche, der Trierer Bischof Stephan Ackermann (47), gerät dabei immer mehr in die Kritik. "Wir sind sehr enttäuscht über Ackermann", sagte ein Sprecher der Ende November gegründeten Vereinigung "Missbit" dem TV. Dem Aktionsbündnis gehören 16 Frauen und Männer im Alter zwischen 38 und 71 Jahren an, die zwischen 1952 und 1986 von katholischen Geistlichen im Bistum Trier missbraucht worden sind.

Ein Grund der Kritik sei "Ackermanns Bereitschaft, die Täter nochmals als Priester einzusetzen", sagte der dem TV namentlich bekannte Missbit-Sprecher unter Verweis auf einen Fall aus dem saarländischen Neunkirchen. Der Trierer Bischof hatte im August die Beurlaubung eines 56-jährigen Pfarrers wieder aufgehoben, der sich in den 80er Jahren an einem Jugendlichen vergangen haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor ein Verfahren gegen den Mann wegen Verjährung eingestellt; ein psychologisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Einsatz des Priesters "ohne Einschränkungen möglich" sei. Bischofssprecher Stephan Kronenburg wies die Kritik unter Verweis auf das von Experten erstellte Gutachten zurück.

Auf Kritik bei den Trierer Missbrauchsopfern stößt auch die mögliche Entschädigungssumme von 5000 Euro pro Opfer. Diesen Betrag wollen die Jesuiten Missbrauchsopfern zahlen. Angeblich wollen sich die deutschen Bischöfe daran orientieren, was aber bislang nicht bestätigt ist. "Der Betrag von 5000 Euro ist viel zu niedrig", sagt der Missbit-Sprecher. Diese Summe verdienten Täter, die wieder eingesetzt würden, im Monat, während einige Opfer lebenslang nicht mehr arbeiten könnten. Auch andere Opfervereinigungen kritisierten die von den Jesuiten in Aussicht gestellte Zahlung als "nicht ausreichend".

Ministerin gegen Alleingang der Kirche



Nach Angaben der Trierer Rechtsanwältin Ruth Streit, die seit mehr als zwei Jahrzehnten Missbrauchsopfer vertritt, sind in Zivilprozessen Schmerzensgeldzahlungen von 10 000 bis 20 000 Euro "übliche Beträge". In extremen Einzelfällen müssten die Täter sogar noch tiefer ins Portemonnaie greifen.

Indes forderte Bundesjustizminister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Kirche auf, möglichst bald einen Vorschlag zur Entschädigung von Opfern vorzulegen. Zugleich appellierte die Ministerin laut Süddeutscher Zeitung an die Bischöfe, keine eigenen Wege zu gehen, sondern sich an einem gemeinsamen Entschädigungsfonds der am runden Tisch gegen Missbrauch versammelten Institutionen zu beteiligen.

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