Streit ums Hühnerglück

BERLIN. Der politische Kampf um das Glück des deutschen Huhns hat bizarre Formen angenommen. Tierschützer und solche, die sich dafür halten, werfen sich gegenseitig "Ignoranz" und "Erpressung" vor.

In Kabinettssitzungen wird über den Zustand von Schweineställen und Hühnerkäfigen diskutiert, während der Deutsche Tierschutzbund Ministerpräsidenten als "Tierquäler" beschimpft. Und das alles, weil heute im Bundesrat über die "Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung" abgestimmt wird. Die eigentlich harmlose Verordnung zur Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz der Schweine ist dermaßen angereichert worden, dass eine brisante Mixtur heraus kam. Niedersachsen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben versucht, durch Änderungsanträge die Legehennenverordnung der Agrarministerin Renate Künast (Grüne) auszuhebeln. Dagegen hat sich lautstarker Protest gebildet, so laut, dass etliche Regierungs-Chefs wieder ins Grübeln kamen. Darum geht es: Seit März 2002 gilt die Legehennenverordnung, die das Leben der Hühner in den Legebatterien ab dem Jahr 2007 deutlich erleichtern soll, weil dann die Käfighaltung verboten ist. Das schmeckt den Hühnerbaronen nicht, weshalb sie erfolgreich Lobby-Arbeit machten. Sachsen und Niedersachsen versuchten nun, das Käfigverbot zu umgehen mit Anträgen zur Fristverlängerung (bis 2010) und zur "Erprobung neuer Haltungseinrichtungen". Andernfalls, so die Drohung, werde man eben die ganze Nutztierhaltungsverordnung durchrasseln lassen. Das würde bedeuten, das die politische Zeche arme Schweine zahlen müssten, die dann weiterhin in enge dunkle Ställe gepfercht werden dürften. Wenn der Bundesrat die Aufweichung der Legehennenverordnung beschließen sollte, wird Agrarministerin Künast dem Vernehmen nach die Unterschrift verweigern und die Verordnung damit stoppen. Wie grotesk der Sachverhalt ist, zeigt auch die Stellungnahme des Tierschutzbeauftragten der CDU/CSU-Fraktion: Peter Bleser wirft Ministerin Künast "mangelnde Wahrhaftigkeit" vor, da sie "wissenschaftliche Erkenntnisse" ignoriere. Tierfreund Bleser verweist auf ein Gutachten der Tierärztlichen Hochschule Hannover, wonach Hühner in Käfighaltung aufgrund der hygienischen Bedingungen "gesünder" lebten als Freilandhühner. Dazu Ulrike Höfken: "Grotesk, dass eine artgerechte Tierhaltung schlecht sein soll. Das Gutachten ist von Niedersachsen und der Geflügelwirtschaft in Auftrag gegeben worden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort