Sturz ins Bodenlose

TRIER/BERLIN. Seit Jahren steht eine Neuordnung der Gemeindefinanzen auf der Agenda - passiert ist nichts. Angesichts zahlungs- und investitionsunfähiger Kommunen drängt die Zeit nun immer stärker, aber die Rezepte zur Behebung des Problems sind völlig gegensätzlich.

Der Abstieg begann schleichend. Im Jahr 1997 hatten dieGewerbesteuereinnahmen der Stadt Trier einen Höchststand von 38,4Millionen Euro erreicht. Für das Folgejahr wurden schon 40Millionen ins Auge gefasst. Doch schwächelnde Konjunktur ließ dieTräume platzen, und wenig später ging es richtig in den Keller. In sechs Jahren Einnahmen halbiert

Dank einer Reform des Körperschafts-Steuerrechts stürzten die Einnahmen ins Bodenlose, und damit nicht genug: Der Bund erhöhte noch den eigenen Anteil an den Rest-Einnahmen, um sich schadlos zu halten.

Konsequenz: Im Jahr 2003 dürfte die Stadt Trier unterm Strich nur noch die Hälfte der Einnahmen von 1997 erzielen. Und das ist noch lange kein Extremfall unter den deutschen Kommunen. Flächendeckend ist die wichtigste Einnahmequelle weggebrochen, die Ausgaben aber sind geblieben.

Seit einem Jahr versucht eine Experten-Kommission, ein Modell für die Neuordnung der Gewerbesteuer zu finden. Dabei stehen zwei völlig unterschiedliche Ansätze zur Debatte.

Das Modell der Wirtschaftsverbände favorisiert die Abschaffung der ursprünglichen Gewerbesteuer und ihre Ersetzung durch erhöhte Gemeinde-Anteile an Körperschafts-, Einkommens- und Umsatzssteuer. Entscheidender Unterschied: Damit wären weitgehend nur noch die Gewinne der Unternehmen steuerpflichtig. Wer sich geschickt arm rechnet, müsste sich nicht mehr an den Ausgaben der Kommunen beteiligen.

Das Modell der Kommunalverbände sieht dagegen vor, die Gewerbesteuer sogar auf Selbstständige, Ärzte, Rechtsanwälte oder gewerbliche Vermieter zu erweitern. Sie mussten sich bislang nicht unmittelbar an der Finanzierung kommunaler Aufgaben beteiligen. Durch großzügige Freibeträge will man vermeiden, dass kleine Mittelständler und Existenzgründer übermäßig belastet werden.

Triers Oberbürgermeister Helmut Schröer steht hinter dem Konzept der Kommunalverbände. Die Lasten müssten gerecht verteilt werden. Folge man dem "Wirtschafts-Modell", müssten die Bürger einen zusätzlichen Anteil gemeindlicher Kosten anstelle der Betriebe übernehmen. Schröer plädiert dafür, eine unmittelbare steuerliche Verbindung zwischen Unternehmen und Gemeinden zu erhalten. Nur so sei ein vernünftiger Interessenausgleich gewährleistet.

Ob sich die Reformkommission diesem Votum anschließt, bleibt offen. Vielleicht kommt sie auch zu überhaupt keinem gemeinsamen Ergebnis, fürchtet der Trierer Experte Martin Junkernheinrich.

Städte liegen auf Hartz-Linie

Beim zweiten großen Reformkomplex sind die Chancen auf eine Einigung möglicherweise größer. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Teilen der Sozialhilfe findet allseits Zustimmung. Die Frage ist nur, in wessen Händen die Abwicklung künftig liegen soll. Die Städte plädieren dafür, diese Aufgabe entsprechend dem Hartz-Konzept der Bundesanstalt für Arbeit zu übertragen. Sie würden sich dann auf die Grundsicherung und die Sozialhilfe für nicht erwerbsfähige Menschen konzentrieren.

Die Landkreise würden diese Aufgabe lieber selbst übernehmen. Auf diese Weise sei "eine effektive Vernetzung mit anderen kommunalen Aufgaben möglich", sagt etwa die Landrätin des Kreises Bernkastel-Wittlich, Beate Läsch-Weber. Das setze allerdings voraus, "dass der Bund den Kommunen die notwendigen Gelder zur Verfügung stellt".

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