Suche nach Handlungsfähigkeit

Seit Jahren bastelt die Region Trier an einem Entwicklungskonzept für die nächsten beiden Jahrzehnte. Mit einer öffentlichen Regionalkonferenz ist man nun auf die Zielgerade des ambitionierten Projekts eingebogen. Es sieht so aus, als gelänge ein breiter Konsens. Doch genau das, glauben Kritiker, könnte das Problem sein.

Föhren. Richard Groß und Roger Graef waren in den letzten Jahren nicht immer ein Herz und eine Seele. Aber ohne den ehemaligen Trier-Saarburger Landrat und seinen Demnächst-Pensionärskollegen aus dem Eifelkreis gäbe es das REK 07 wohl kaum. Nun halten die alten Schlachtrösser der Region im nüchternen Ambiente des Industrieparks Föhren als Vorsitzende der Initiative Region Trier (IRT) und der Planungsgemeinschaft Region Trier (PLG) die Einführungsreferate bei der letzten Anhörung. Und noch einmal klingen die Gegensätze an, die sie unter einen Hut bringen mussten: Groß hat bis zuletzt um möglichst viele konkrete Projekte gekämpft, Graef hat dafür plädiert, so wenig wie möglich festzulegen. So atmet der REK-Entwurf unübersehbar den Geist eines durch Kompromiss-Suche entstandenen Sammelsuriums: mal sehr detailliert, mal allgemein, mal Wunschzettel, mal Rezeptblock, mal konkrete Selbstverpflichtung, mal unverbindliche Floskelei.Unterschiedliche Interessen, großes Misstrauen

Es wäre anders auch kaum gegangen. Zu unterschiedlich sind die Interessen, zu groß das Misstrauen zwischen Stadt und Land. "Die Stadt Trier muss sich endlich identifizieren mit dem ländlichen Raum", fordert ein Eifelaner. Die Antwort bleibt aus, weil aus Trier kein Stadtvorständler, ja nicht einmal ein Amtsleiter den Weg nach Föhren gefunden hat. Angesichts der reihenweise vertretenen Landräte und Bürgermeister freilich auch eine Art von Antwort."Gibt es denn diese Region Trier überhaupt?", fragt provokativ Uni-Professor Bernd Hamm und klagt "Handlungsfähigkeit" ein. Ohne eine aktionsfähige, mit Kompetenzen ausgestattete regionale Handlungsebene drohe das REK zu einem Muster ohne Wert zu werden. Roger Graef setzt im Gegenzug auf eine Kommunalisierung der Planungsgemeinschaft, sprich: das Abnabeln von der Vormundschaft des Landes. Aber das werde, fürchtet Hamm, den Einfluss der kommunalen Gebietskörperschaften und damit die Zersplitterung der Region eher noch fördern.Auch der Hermeskeiler Verbandsbürgermeister Michael Hülpes setzt zu einer besorgten "Killer-Frage" an: Wer denn den ganzen Spaß bezahlen solle, zum Beispiel das geplante professionelle Projekt-Management und die "Kümmerer", die dafür sorgen, dass die ambitionierten Ideen auch in der Realität landen. Kein Problem, beruhigen Graef und Groß: Man setze auf ehrenamtliches Engagement, "gratis und im Interesse aller". Und wenn die Sache dann erstmal laufe, dann gehe es "mit etwas Schwung schon von alleine weiter".Einige Verbesserungswünsche

Zum Glück für die Veranstaltung fragt da keiner genauer nach. Vielleicht hoffen auch alle Beteiligten für die nächsten Jahre auf eine Schwemme pensionierter Landräte, die als rüstige Rentner die Zukunft der Region unentgeltlich in ihre Hände nehmen. Inhaltlich gibt es noch eine Reihe einzelner Verbesserungswünsche für das REK. Die Denkmalschützer sähen gerne den Denkmalschutz stärker thematisiert, die Polizei das Thema Sicherheit, die Bauern den Flächenverbrauch, die Grünen die umweltfreundliche Mobilität. "Wir nehmen alle Anregungen in die Schlussberatungen auf", verspricht der IRT-Chef. Ob viel davon noch eingearbeitet wird, steht auf einem anderen Blatt. Dann müssen noch die IRT- und PLG-Gremien, die Kammern und Kommunen ihre Zustimmung erteilen. Sie wird wohl nicht ausbleiben. Wie tragfähig das Konzept ist, ob es mehr als ein großes Strohfeuer - in Trier beispielsweise redet vom großen Zukunftskonzept 2020 längst niemand mehr - wird, entscheidet sich erst in den Jahren nach der Beschlussfassung. Konkrete Vorhaben Umfassendes Betreuungsangebot für Kinder aller Altersgruppen, auch private Initiativen oder solche von Unternehmen sollen unterstützt werden. Flächendeckende Ehrenamts-Anlaufstelle sollen geschaffen werden. Förderung neuer, flexibler Betreuungsangebote für pflegebedürftige Familienangehörige. Das kulturelle und kulturhistorische Potenzial der Region Trier wird gemeinsam besser vermarktet, kulturelle Highlights stärker als Standortwerbung genutzt. Die Bildungs- und Berufsorientierungseinrichtungen werden systematisch vernetzt. Die Hochschulen in der Großregion arbeiten intensiver zusammen und verbessern die Kooperation mit den Unternehmen. Für die Region soll ein Gesamt-Standortmarktingkonzept entwickelt werden.

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