Süß, spritzig und hammerhart

BERLIN. Hoher Preis, abschreckende Wirkung - per Sondersteuer auf hochprozentige Mixgetränke will die Bundesregierung Jugendliche von exzessivem Alkohol-Konsum abhalten. Die Hersteller schreien auf.

Von einer großen Koalition der Gegner alkoholischer Mixgetränke war die Bundesregierung gestern noch weit entfernt. Der Bundesverband der deutschen Spirituosen-Industrie kündigte sein Veto gegen eine Zusatzsteuer auf die so genannten "Alcopops" an. Auch der Einzelhandel wies den Vorstoß kategorisch zurück, Jugendlichen den Griff zu den bunten Flaschen mit ihrem hochprozentigen Inhalt deutlich zu erschweren. Alcopops als Einstiegsdroge

"Alcopops richten großen Schaden an und sind eine Einstiegsdroge", hatte sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), für eine Verdopplung des Flaschenpreises eingesetzt. So wie in Frankreich, wo 1997 eine Zusatzsteuer eingeführt und der Vormarsch des Trendgetränkes rapide gestoppt wurde. Die Schweiz beschloss sogar Ende September, die Steuer zu vervierfachen. Noch 2003 will die Bundesregierung entscheiden, ob sie dem Beispiel der Nachbarn folgt. Hintergrund der Pläne ist der erheblich angestiegene Alkoholkonsum von Jugendlichen durch die Mixgetränke, die eigentlich erst ab 18 Jahren getrunken werden dürfen. Das Verbot wird oft umgegangen, zumal die Werbung für die bunten Flaschen gezielt junge Menschen anspricht. Drei von den Fertig-Cocktails kommen ungefähr sechs Schnäpsen gleich; sie schmecken süß und spritzig - vom Rum, Wodka oder Whiskey merkt man kaum etwas. Doch die Wirkung ist hammerhart. Vor allem bei den 16- bis 17-Jährigen ist der Mix aus Schnaps und Limonade angesagt wie nie. Das hat auch die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Elisabeth Pott, festgestellt. Während generell der Trend beim Alkoholkonsum eher rückläufig sei, "ist in diesem Alter das Rauschtrinken am Wochenende zu einem großen Problem geworden". Dafür seien die Trendgetränke mit verantwortlich. Das Durchschnittsalter des ersten Betrunkenseins liegt laut Pott inzwischen bei 15,6 Jahren. Fachleute gehen aber davon aus, dass 30 Prozent der Jugendlichen regelmäßig einmal die Woche trinken, 200 000 sogar täglich. Für die Industrie sind die Pläne der Bundesregierung "kein sinnvoller Weg", so eine Sprecherin von Bacardi-Deutschland. Nach eigenen Angaben beläuft sich mittlerweile der Absatz des Unternehmens von Mix-Getränken auf mehr als 100 Millionen Einheiten im Jahr, das sind 56 Prozent des gesamten Absatzes. "Der Anteil am Alkoholmarkt macht aber nur 0,3 Prozent aus." Die Abgabe der Getränke sei klar im Jugendschutzgesetz geregelt, deshalb sei eine Sondersteuer überflüssig. Das Unternehmen setzt vielmehr auf freiwillige Maßnahmen: Man habe alle Werbefilme mit dem Hinweis "ab 18 Jahren" überarbeitet, bis Ende des Jahres seien auch die "Alcopops"-Flaschen entsprechend bedruckt .

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