Surfen ohne Altersgrenze

TRIER. Der Computer als Barriere zwischen Jung und Alt? Während sich in den 90er-Jahren meist jüngere Leute mit dem Computer und dem Internet beschäftigten, entdecken seit einiger Zeit immer mehr ältere Menschen die Welt der Bits und Bytes.

Rosenthal-Porzellan ist die große Leidenschaft von Konrad Hölzel aus Zemmer (Landkreis Trier-Saarburg). "In den 60er-Jahren habe ich in der Entwicklungswerkstatt der Firma gearbeitet", erzählt der 68-Jährige. Heute sucht er Informationen über die Produkte, die das Unternehmen im Laufe der Jahrzehnte hergestellt hat - finden kann er sie im World Wide Web. Wie das geht, zeigt ihm Ramona Otten. Sie leitet den von der Deutschen Telekom angebotenen Kurs, in dem Hölzel, ein weiterer Mann und fünf Frauen sich mit der Bedienung des Computers vertraut machen. Schritt für Schritt erklärt Otten, wie der Webbrowser bedient wird, wie man eine bestimmte Adresse aufruft und wie eine Suchmaschine funktioniert. "Spielen sie mal ein bisschen mit der Suche", rät sie den Leuten. Viele der Kursteilnehmer haben sich erst nach dem Eintritt in den Ruhestand einen PC zugelegt, einige hatten auch schon an ihrem Arbeitsplatz Kontakt mit dem Rechner. "Ich habe in einer Bank gearbeitet", berichtet eine 66-jährige Teilnehmerin. "Die Maus konnte ich schon bedienen, auch dass man alles bestätigen muss, wusste ich schon." Ihre Kinder hätten sie überzeugt, sich einen Computer zu kaufen. "Ich will auch meinen Mann dazu bringen, sich damit zu beschäftigen", fügt sie lachend hinzu. Um nicht aus der Übung zu kommen, will sie nach dem Einführungskurs weitere Kurse besuchen. Am meisten interessiert sie die Möglichkeit, im Internet Informationen abzurufen und Sachen zu kaufen. Zu den beliebtesten Angeboten bei vielen älteren Menschen gehört der Online-Versteigerer Ebay. Ob heiß begehrt Stücke für die Briefmarkensammlung, edles Porzellan oder Bücher: Gekauft wird, was interessant scheint. Der Vorteil der Ruheständler: Meist haben sie genügend Zeit, den Ablauf einer Auktion in Ruhe zu verfolgen. "Wir hatten am Anfang sehr junge Nutzer, das hat sich inzwischen aber völlig verschoben", erklärt Joachim Guentert, Unternehmenssprecher bei dem Online-Auktionshaus, das 1999 auf dem deutschen Markt startete. "Unsere Kerngruppe heute hat ein Alter von 25 bis 40 Jahren. Eine sehr große Zahl der Nutzer ist aber deutlich älter als 50 Jahre." Im Gegensatz zu vielen jüngeren Leuten sind die Senioren aber keine Schnäppchenjäger. Gefragt ist nicht das besonders billige Foto-Handy, sondern rare Sachen: Eine edle Flasche Wein etwa, oder eben die im Geschäft längst vergriffene Rosenthal-Kaffeekanne. Treibende Kraft, sich mit dem PC zu beschäftigen, sind oft jüngere Generationen. "Meine Enkel haben alle einen Computer", berichtet Anita Junk aus Trier. "Sie können alles damit, aber sie können es nicht erklären." Den Kurs besucht sie, damit sie mitreden kann. Junk: "Ich kam mir immer so dumm vor." Einen eigenen Computer will sich die 69-Jährige aber nicht kaufen. Auch wenn sich Anita Junk keinen eigenen PC zulegen will, üben sollte sie trotzdem. "Schubsen sie ihre Enkel einfach mal vom Computer weg", rät Ramona Otten. Auf Senioren zugeschnittene Computerkurse bieten verschiedene Einrichtungen an, unter anderem die Volkshochschule Trier (Telefon 0651/718-1430), die Deutsche Telekom (Telefon 0651/9120201) und der Technologie Computer Club Trier (Telefon 0651/3089520).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort