TV -INTERVIEW: Tabu-Themen aufs Tapet

TRIER. In der katholischen Kirche haben Männer das Sagen. Eine Ausnahme: Schwester Basina Kloos, die Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen. Die 65-jährige Ordensfrau gilt als einflussreichste Frau in der Katholischen Kirche Deutschlands, auch wenn sie das nicht gerne hört: „Wenn dem so wäre, hätte sich schon einiges geändert“, sagt die streitbare Christin und Frauenrechtlerin. Der TV sprach mit Schwester Basina über den alten und den neuen Papst.

Wie wird Ihnen Papst Johannes Paul II. in Erinnerung bleiben?

Schwester Basina : Ich bin ihm selbst drei Mal begegnet. Er war ein sehr kommunikativer Mann mit einer großen Ausstrahlung – eine charismatische Persönlichkeit. Er wird mir aber auch als Papst in Erinnerung bleiben, der sich für ganz wichtige Themen eingesetzt hat.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Schwester Basina: Er hat den Dialog mit anderen Religionen gesucht und sich etwa – gegen den Widerstand einiger Vatikankreise – mit anderen Religionsführern zum Friedensgebet im italienischen Assisi getroffen.

Was ist für Sie die bedeutendste Weichenstellung des Papstes während seines Pontifikats?

Schwester Basina: Er war ein Brückenbauer, der das geteilte Europa zusammengeführt hat.

Sie sprechen die politische Dimension seines Wirkens an, dabei wollte er nie ein politischer Papst sein

Schwester Basina: Ja, aber das war er. Mit einer sympathischen Art. Er war zudem ein missionarischer Papst, auch wenn man unterschiedlicher Meinung sein kann, ob diese Reisen immer den missionarischen Erfolg hatten, den er sich wünschte.

Welche Themen lagen unter Johannes Paul II. eher brach?

Schwester Basina: Er war auch ein Papst, der innerkirchlich noch nicht das angefasst hat, was ich mir gewünscht hätte – zum Beispiel die Frauenfrage oder die Rolle von Gemeindeleitern. In diesen Punkten erhoffe ich mir von einem Nachfolger neue Akzente.

Stichwort Frauen in der katholischen Kirche: Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern?

Schwester Basina: Die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche müsste theologisch noch einmal aufgegriffen werden. Dabei sollten nicht nur Männer beraten, sondern auch Theologinnen. Und natürlich sollten Frauen auch in den Entscheidungsgremien der Kirche viel stärker zum Zuge kommen.

Sollte es künftig auch Priesterinnen geben?

Schwester Basina: Ich könnte mir vorstellen, dass Frauen zu Priesterinnen berufen werden, auch wenn ich persönlich diese Berufung nicht habe.

Was erhoffen Sie sich von einem neuen Papst?

Schwester Basina: dass er die innerkirchlichen Tabu-Themen anpackt, dass sie öffentlich diskutiert werden dürfen. Und dass es vielleicht auch noch einmal zu einem Konzil kommt, bei dem verschiedene Fragen behandelt werden.

Nur wenige Frauen kennen die Männer dominierte katholische Kirche so gut wie Sie. Wer ist Ihr Wunschkandidat für die Nachfolge?

Schwester Basina: Früher wäre meine Antwort gewesen: der brasilianische Kardinal Aloisio Lorscheider. Mit ihm habe ich oft gesprochen. Aber er ist 80 Jahre alt und kann daher nicht mehr gewählt werden.

Haben Sie keinen jüngeren Favoriten?

Schwester Basina: Da könnte ich im Moment keinen Kardinal nennen, der alle meine Wünsche erfüllt. Den wird es auch nicht geben. Von daher vertraue ich dem Heiligen Geist. Es wird wohl – wie bei der Wahl Karol Wojtylas – wieder eine Überraschung geben.

Mit Schwester Basina sprach TV-Redakteur Rolf Seydewitz.

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