Team in Watte

BERLIN. Dies wird politisch die Woche der Kanzlerkandidatin: Fast gebetsmühlenhaft war am Wochenende aus dem Konrad-Adenauer-Haus dieser Satz zu hören, erkundigte man sich nach der Stimmungslage und danach, wen Angela Merkel für ihr Kompetenz-Team benennt.

"Angesichts der anhaltenden Stoiberschen Kakophonie", so gestern ein Mitglied des Wahlkampfteams um CDU-Generalsekretär Volker Kauder, "hoffen wir alle, dass an diesem Mittwoch endlich die große psychologische Wende kommt. Dass die Medien dann über uns mal wieder was Positives berichten." Übermorgen will Merkel alle Team-Namen verkünden. Am Sonntag hatte sie sich ausgiebig Zeit genommen, um im engsten Kreis das gesamte Kompetenz-Tableau noch mal durchzusprechen. Peter Müller im Gespräch für Ministerposten

Bislang scheint es ihr aber nicht gelungen zu sein, die wichtigste Team-Frage, welche Köpfe nämlich für die Themen Wirtschaft, Arbeit und Finanzen stehen sollen, befriedigend zu lösen. Die Informationen verdichteten sich am Sonntag, dass Friedrich Merz dafür doch nicht infrage kommt, dass aber womöglich der saarländische Ministerpräsident Peter Müller für den Bereich Wirtschaft und Arbeit gute Chancen hat. Auf alle Fälle baute Kauder in dieser unklaren Situation gestern schon mal vor: "Für diesen Bereich steht in erster Linie die Kanzlerkandidatin selbst. Es ist doch klar, dass das wichtigste Thema auch von der wichtigsten Person vertreten werden muss." Hinter vorgehaltener Hand wurde gestern auch bestätigt, dass es beim Strategietreffen der Union vergangenen Mittwoch in Berlin zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Christian Wulff und Edmund Stoiber gekommen war. Der niedersächsische Ministerpräsident attackierte dabei den CSU-Chef massiv, stets und ständig drängele er sich vor und lasse Merkel nicht oft genug den Vortritt. So sei zum Beispiel die Vorstellung des Wahlkampf-Teams allein Sache der Kanzlerkandidatin. Aber Stoiber habe gegen jede Absprache in einem Stern-Interview bereits munter geplaudert, dass er Wolfgang Schäuble, Günther Beckstein und Michael Glos in Merkels Team sehe. Wulff mahnte den CSU-Chef scharf, er erwarte von ihm heute die gleiche Loyalität, die Merkel 2002 gegenüber dem Kanzlerkandidaten Stoiber bewiesen habe. Längst geht es bei den heftigen Streitigkeiten zwischen CDU und CSU nicht mehr nur um kleine Tagesscharmützel. Es geht auch um eine Kernfrage dieses Wahlkampfes: Mit welcher Strategie schafft die Union den Machtwechsel am 18. September? Die sinkenden Umfragewerte im Auge befürchtet der CSU-Chef nämlich immer stärker, dass es womöglich zum kompletten Wechsel nicht reichen wird, dass am Ende statt einer schwarz-gelben lediglich eine schwarz-rote Koalition herauskommen könnte, also eine große Koalition. Stoiber setzt deshalb auf einen knallharten Konfrontationswahlkampf, während Merkel eher "eine wattiertere Strategie" zu bevorzugen scheint. Stoiber treibt, so ist in Berlin weiter zu hören, womöglich noch etwas anderes um: Wenn es am Ende doch zu einer Koalition aus Schwarz und Gelb kommt, möchte der Bayer in diesem Dreier-Bündnis aus CDU, CSU und FDP mit seiner Partei möglichst stark dastehen. Weil die Wahlprozente mit ausschlaggebend dafür sind, wer wie viel Macht und Einfluss und welche Ministerposten bekommt.Stoiber polarisiert, um FDP klein zu halten

Stoiber mobilisiert also auch, um die CSU möglichst stark zu machen und so die ungeliebte FDP klein zu halten. Unterdessen ging am Wochenende der Streit um die ostdeutschen Wähler weiter. So wurde bekannt, dass Stoiber bei einem Auftritt in Ostdeutschland gesagt haben soll: "Seid ihr euch bewusst: Ihr habt hier Plakate mit Lafontaine. Und der Mann, der im Grunde genommen gegen die Wiedervereinigung war, den feiert ihr jetzt als Helden. Ja, seid ihr denn verrückt geworden? Nur die dümmsten Kälber, wählen ihre Metzger selber."

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