Terrorattacke: Schlief auch die CIA?

Das gescheiterte Attentat auf ein Passagierflugzeug in den USA zieht weitere Kreise. Ein sichtlich verschnupfter US-Präsident Barack Obama nimmt nach anfänglichem Zögern nun die Arbeit der Geheimdienste aufs Korn.

Washington. Den Weihnachtsurlaub auf Hawaii hatte sich US-Präsident Barack Obama anders vorgestellt: Sonne, Surfen und keine politischen Sorgen. Doch nach dem von mutigen Passagieren vereitelten Terroranschlag auf einen Norwest/Delta-Airbus meldete er sich am Dienstagnachmittag zum zweiten Mal zu Wort - mit deutlich gewachsener Verärgerung.

"Eine Mischung aus menschlichem und systematischem Versagen" habe den Attentäter begünstigt, rügte der Präsident mit Blick auf die US-Sicherheitsbehörden. Dies sei "völlig unannehmbar" und "katastrophal". Es war eine Flucht Obamas nach vorn - und eine 180-Grad-Wende zu den anfänglichen Beteuerungen seines Pressesprechers und von Heimatschutzministerin Janet Napolitano. Beide wollten - um politische Schadensbegrezung bemüht - der erstaunten wie verunsicherten Öffentlichkeit zunächst weismachen, das System habe im Großen und Ganzen gut funktioniert.

Doch nun hat Obama in seiner ersten sicherheitspolitischen Krise - unter wachsendem Druck der Opposition und US-Medien - den Startschuss für die Suche nach den Sündenböcken gegeben. Das Weiße Haus will bis heute alle Details wissen, die in den Datenbanken der Geheimdienste und Antiterror-Organisationen über den 23-jährigen Nigerianer Umar Faruk Abdulmuttalab enthalten waren - vor allem über seine extremistischen Verbindungen in den Jemen und zu El Kaida. Dann könnten die ersten Köpfe rollen, wobei Napolitano mittlerweile zum Gespött der Kritiker geworden ist. Auch gestern gab es wieder ein Füllhorn neuer Enthüllungen, die auf Pannen und Versäumnisse im Vorfeld des Anschlags hindeuten.

Suche nach Sündenböcken



Der Sender CNN und das "Wall Street Journal" berichten, dass auch Agenten der CIA in Nigeria mit am Tisch saßen, als der Vater des Attentäters vor gut einem Monat US-Botschaftsangehörige vor der zunehmenden Radikalisierung seines Sohnes warnte. Doch diese Informationen seien offenbar nicht von der CIA-Zentrale in Virginia an andere US-Stellen weitergegeben worden, die seit dem 11. September 2001 angestrebte zuverlässige Kooperation der Dienste funktioniere immer noch nicht. Das "National Counterterrorism Center" (NCTC) war allerdings gerade für diesen Zweck eingerichtet worden. Hier sollten alle Fäden zusammenlaufen.

Die "New York Times" will zudem erfahren haben, dass Sicherheitsdienste ein Telefonat jemenitischer El-Kaida-Terroristen abgehört hatten, in dem von einem "nigerianischen Jungen" die Rede ist, der für einen Bombenanschlag vorbereitet werde. Ein Name sei nicht genannt worden. Sicherheitsexperten wiesen gestern darauf hin, dass allein schon diese Details ausgereicht hätten, um durch eine "Rasterfahndung" Verdächtige zu orten und diese auf eine Warnliste zu setzen.

Obama selbst hatte am Dienstag darauf hingewiesen, es habe "Stücke an Informationen" gegeben, die die Geheimdienste hätten zusammensetzen sollen. Die "Washington Post" zitiert allerdings gestern Geheimdienst-Mitarbeiter, die die Kritik des Präsidenten zurückweisen und feststellen, die Erkenntnislage sei bei Weitem nicht so klar gewesen. "Sein Vater hat schließlich nicht gesagt, dass er ein Attentäter mit einer Bombe ist", heißt es. Im Weißen Haus wiederum ist man sich mittlerweile sicher, dass es "einige Verbindungen" des Täters zu El-Kaida-Mitgliedern im Jemen gibt, von denen zwei Ex-Häftlinge aus Guantánamo sein sollen. Dies habe, so berichtete gestern CNN, auch zu intensiven Überlegungen geführt, wie militärische Vergeltungsmaßnahmen innerhalb des Jemen aussehen könnten.

extra Der Einsatz von Körper-scannern bei Flügen in die USA beginnt in den Niederlanden bereits innerhalb weniger Tage. Das kündigte Innenministerin Guusje ter Horst am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Den Haag an. Spätestens in drei Wochen müssen auf dem internationalen Flughafen Schiphol bei Amsterdam sämtliche Passagiere, die in die Vereinigten Staaten fliegen wollen, durch einen der sogenannten Nacktscanner gehen. (dpa)

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