Tiefgreifende Verzweiflung

TRIER. "Todessprung von der Eifelbrücke", "Tödliches Familiendrama in der Eifel". Immer wieder sorgen Familientragödien in der Region für Schlagzeilen. Immer wieder herrscht Fassungslosigkeit nach einer solchen Bluttat.

 Tatort Kylltalbrücke: Von dort stürzte sich im November 2002 ein Vater mit seinen beiden Söhnen in den Tod.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Tatort Kylltalbrücke: Von dort stürzte sich im November 2002 ein Vater mit seinen beiden Söhnen in den Tod.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Acht Monate nach dem Familiendrama von Wilsecker (Kreis Bitburg-Prüm), als sich im November 2002 ein 35-jähriger Vater aus Schönecken mit seinen beiden fünf und zwei Jahre alten Söhnen von der Kylltalbrücke in den Tod stürzte, erschüttert erneut eine Familientragödie in der Eifel. Auslöser für die Bluttat war möglicherweise die bevorstehende Trennung des Ehepaares. Bereits 1997 war der Altkreis Prüm Schauplatz einer unfassbaren Bluttat: Am 12. August wurden im Daleidener Ortsteil Bommert eine 32-Jährige und ihre beiden fünf- und achtjährigen Kinder ermordet aufgefunden. Täter: Der 37-jährige Ehemann, der einen Tag später tot in Trier in der Mosel gefunden wurde - Selbstmord. Mögliches Motiv waren familiäre Probleme. Zehn Tage später in Bollendorf (Kreis Bitburg-Prüm): Ein 42-Jähriger ermordet in der gemeinsamen Wohnung seine Ehefrau mit Messerstichen, durch Würgen und einen Schlag auf den Kopf. Die Frau wollte sich von ihm trennen. Am 1. Mai 2001 wieder ein tödliches Familiendrama in der Eifel. Ein 20-Jähriger erschoss in Plütscheid (Kreis Bitburg-Prüm) seinen drei Jahre jüngeren Bruder mit einem Kleinkalibergewehr und verletzte seine Eltern schwer. Tatmotiv war ein Streit zwischen den Brüdern. Nach Ansicht des Trierer Kriminologen Hans-Heiner Kühne sind so genannte Beziehungsdelikte, also Konflikte in Familien oder unter Freunden, die häufigste Ursache für Gewalttaten. "Die meisten Täter handeln in rein emotionalen Stress-Situationen. Sie stehen unter Druck, der sich über Jahre aufgestaut hat", sagte Kühne vor zwei Jahren nach dem Brudermord von Plütscheid. Die meisten Täter handeln nach Erkenntnissen des Wiesbadener Kriminalpsychologen Rudolf Egg zumeist im Affekt. Töte beispielsweise ein Ehemann seine Frau, weil sie ihn verlassen will, dann tue er das, um sie nicht zu verlieren. Für einige Männer bedeute eine Trennung mehr als nur ein Verlust der geliebten Frau, vielmehr sei es ein Einbruch in das Lebenskonzept - ihr Leben habe plötzlich keinen Sinn mehr, hat Egg in seinen Forschungsarbeiten festgestellt. Oft sind es auch die Frauen, die in den familiären Konflikten keinen Ausweg mehr sehen und bis zum Äußersten gehen. So zum Beispiel 1995, als eine damals 51-Jährige in der Moselgemeinde Mülheim (Kreis Bernkastel-Wittlich) mit einem Brotmesser auf ihren 54-jährigen Mann einstach und ihn lebensgefährlich verletzte. Laut Polizeiaussagen hatte der Mann Alkoholprobleme und des öfteren seine Frau und ihren damals 13-jährigen Sohn drangsaliert und die Wohnung demoliert. Irgendwann sind die Streitigkeit dann eskaliert, es kam zu der Bluttat. Tatmotiv: Eifersucht

Auch bei dem Drama, zu dem es im Februar 2002 in einer Kneipe in Trier-Süd kam, hatte sich vermutlich der Streit schon lange angestaut. Ein 53-jähriger Wirt wurde damals von seiner sechs Jahre jüngeren Lebensgefährtin erstochen. Motiv: Eifersucht. Immer wieder kommt es zu Eifersuchtstaten. Wie am 3. September 2002, Schauplatz ist wieder Trier-Süd: Ein 37-Jähriger erwürgte seine zehn Jahre ältere Frau und stellte sich dann der Polizei. Als Motiv für seine Tat gab er Eifersucht an. "Persönliche Streitigkeiten und Differenzen" waren angeblich auch der Grund für eine Bluttat im Hunsrück vor vier Jahren: Ein 69-jähriger Rentner erschoss in Tellig (Kreis Cochem-Zell) seinen 35 Jahre alten Sohn und dessen 19-jährige hochschwangere Freundin mit einem Revolver. Nach der Tat rief der Rentner selbst bei der Polizei an und gestand den Doppelmord. Er sagte damals, die beiden Opfer hätten ihn ständig beleidigt. Deshalb hätten sie sterben müssen. Eine wirkliche Erklärung für die Familientragödien gibt es selten. "Tiefgreifende Verzweiflung und Ausweglosigkeit", das sind laut Psychologen die Auslöser - aber tatsächlich erklären können sie solche Taten auch nicht.

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