Tierschutz als Zankapfel

Wenn am Freitag der Bundestag in erster Lesung die Änderung des Tierschutzgesetzes beraten wird, könnte es im Parlament hoch hergehen. Seit Monaten schon wabert hinter den Kulissen ein Streit zwischen Union und SPD um den so genannten "Tierschutz-Tüv".

Berlin. Die Partner hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, nur noch artgerechte und geprüfte Käfige und Ställe zuzulassen, um dem Tierschutz auf die Sprünge zu helfen. Dem hehren Ziel droht nun ein Verschieben auf die lange Bank. Der "Tierschutz-Tüv" soll gewährleisten, dass der Stallbau auf die Bedürfnisse der Tiere abgestimmt wird und sich nicht allein an den ökonomischen Ansprüchen der Hersteller und Betreiber orientiert. Eine Forderung, die Tierschützer schon lange erheben. Die Einführung des dafür notwendigen, obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens ist jedoch zum Zankapfel zwischen den Koalitionären geworden. Die Genossen werfen der Union Blockade vor, weil sie die Rechtsverordnung, die konkret das umsetzt, was das geänderte Tierschutzgesetz bezweckt, verhindere. "Ich erwarte die Solidarität des Koalitionspartners", so der SPD-Tierschutzexperte Wilhelm Priesmeier zu unserer Zeitung. Hintergrund des Streits: Der Bund hat 2006 die Einführung neuer Legehennenkäfige beschlossen, die nur etwas größer sind als die bisherigen. Hatte eine Legehenne bis dato 550 Quadratzentimeter Fläche zur Verfügung, also weniger als ein DIN-A4-Blatt, soll der Platz pro Henne künftig mit bis zu 900 Quadratzentimetern etwa so groß sein wie eineinhalb Blätter. Bis Ende 2008 gilt eine Übergangsfrist. Gegen die Einführung der neuen Hühnerkäfige legte Rheinland-Pfalz Verfassungsklage ein, da sie immer noch nicht artgerecht seien. Solange kein Urteil vorliegt, halten es die Agrarminister der unionsgeführten Länder deshalb für sinnlos, jetzt schon nationale Standards wie einen "Tierschutz-Tüv" für Käfige und später dann Stallungen einzurichten. Sie warnen sogar vor dem Abwandern von Züchtern ins Ausland. Eine Haltung, die sich die Bundestagsfraktion von CDU und CSU zu Eigen gemacht hat. Die vorgeschlagene Änderung des Tierschutzgesetzes will man zwar mittragen, bei der Umsetzung der Rechtsverordnung habe man aber keine Eile, heißt es in der Fraktion. "Damit haben wir zwar ein Gesetz, können es aber nicht umsetzen", beklagt Priesmeier. Die Folge: Der "Tierschutz-Tüv" wird weiter auf sich warten lassen - wenn er denn überhaupt kommt.

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