Treue Kundschaft profitiert

TRIER. Erstmals bietet mit der Barmer Ersatzkasse eine Krankenkasse ein bundesweites Hausarztmodell an. Doch ganz so neu, wie es nun dargestellt wird, ist das Modell gar nicht.

Im Grunde genommen ist das Hausarztmodell gar nicht so revolutionär. Bevor es die Versichertenkarte gab, ging man auch zunächst zu seinem Hausarzt, ließ sich von dort an Fachärzte überweisen. Mit der Einführung der Plastikkarte ging die Bedeutung des klassischen Hausarztes verloren. Statt zu einem Arzt des Vertrauens gingen viele Versicherte zu verschiedenen Allgemein- und Fachärzten. Doch was gut war, kommt eben wieder. Daher wundert es nicht, dass gerade der Hausärzteverband, mit dem die Barmer einen Kollektivvertrag abgeschlossen hat, so vehement für das Modell ist. Die Stellung der Allgemeinärzte wird dadurch wieder gestärkt, das so genannte Ärzte-Hopping, das ständige Wechseln der Mediziner, und teure Doppel-Untersuchungen sowie unkontrollierte Mehrfach-Verordnungen werden eingedämmt. Und als Belohnung für die Patienten, die immer erst zu Hausarzt und Hausapotheker gehen, gibt es 30 Euro Erlass bei der Praxisgebühr und eine zusätzliche Komplett-Untersuchung. Das zeigt, dass das Hausarztmodell in erster Linie für Patienten geeignet ist, die regelmäßig im Jahr zum Arzt gehen oder chronisch krank sind. Wer einmal im Jahr zehn Euro für einen Arztbesuch bezahlt, wird wohl kaum durch den Bonus angelockt werden können. Einen Pferdefuß für die teilnehmenden Mediziner sieht man trotz Kritik einiger Vertragsärzte beim Hausärzteverband nicht. Dass damit ein "allgemeiner Spar-Appell" verbunden sei, sei ja nichts Verwerfliches, sagt der rheinland-pfälzische Verbandschef Gernot Nick. "Die Ärzte sind doch ohnehin zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet", verteidigt er die restriktiven Verordnungsanweisungen in dem 55-seitigen Vertrag. Den Vertrag mussten sich die niedergelassenen Ärzte aus dem Internet von der Homepage des Hausärzteverbandes herunterladen. In dem im Dezember verschickten Anschreiben, in dem von einer neuen "Ära in der Versorgung der Patienten" die Rede ist, werden die Mediziner damit gelockt, dass es pro eingeschriebenen Patienten 15 Euro und eine Betreuungspauschale von 20 Euro gibt. "Darüber hinaus können weitere Leistungspakete abgerechnet werden", heißt es. Die Apotheker, die dann zu Hausapothekern werden, erhalten acht Euro pro Patient. Knapp 42 Millionen Euro hat die Barmer für die Vergütung bereitgestellt, intern rechnet man mit 1,4 Millionen Versicherten, die daran teilnehmen. 70 Prozent der Mitglieder hätten Interesse an dem Modell, heißt es bei der Barmer in Trier. Es wird damit gerechnet, dass demnächst weitere Ersatzkassen sich dem Hausarztmodell anschließen werden. Angeblich ist auch auch die AOK Rheinland-Pfalz kurz davor, ein Hausarztmodell anzubieten. Die Fachärzte beobachten das Ganze kritisch. Sie befürchten weitere Einnahmeverluste. Nach der Einführung der Praxisgebühren haben sie vor allem zu spüren bekommen, dass die Patienten weniger zum Arzt gehen.

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