Trotzig wie ihr Outfit
TRIER. Die Grünen hätten sich noch nicht aufgegeben, bis zur Bundestagswahl im September werde gekämpft, sagte die Grünen-Parteichefin Claudia Roth gestern bei einem Redaktionsgespräch im Volksfreund-Haus.
Claudia Roth scheint sich schon aufs Schlimmste gefasst zu machen. "Opposition ist kein Mist", sagt die 50-jährige Parteichefin der Grünen trotzig. Wenn es am 18. September nicht reiche, mache man eben eine "gute Opposition". Keinesfalls werde man grüne Ideale aufgeben wie etwa den Atomausstieg, um an die Macht zu kommen. Und wenn Regierungspartei, dann nur mit der SPD: "Rot-Grün ist unsere Perspektive." Allerdings windet sie sich lange um eine eindeutige Antwort, ob auch Schwarz-Grün eine Alternative wäre. Auf kommunaler Ebene ja, aber in Berlin sei das "nicht machbar". Genauso wenig, wie eine rot-rot-grüne Bundesregierung aus SPD, Linkspartei und Grünen für Roth in Frage kommt.Es klingt danach, als wollte die Ex-Managerin der einstigen deutschen Kult-Band "Ton, Steine und Scherben" nach sieben Jahren Regierungsbeteiligung schon Mal Probesitzen auf der harten Oppositionsbank. Eine zumindest nach den aktuellen Umfragen nicht ganz auszuschließende Option: Während die Grünen seit Wochen bei sieben Prozent liegen, hat der Juniorpartner der Union, die FDP, auf acht Prozent zugelegt. "Es wird schwer werden", gesteht die in den eigenen Reihen nicht unumstrittene Grüne, vor drei Jahren zunächst abgewählte Parteivorsitzende und seit 2004 wieder Teil der Doppelspitze.
Doch dann gibt sich Roth wieder kämpferisch und trotzig. Ganz so wie es ihr Outfit symbolisiert: Eine geblümte Jacke, rosa T-Shirt, rosa Hose, rote Schuhe, in den Haaren rote Strähnchen. Immer, wenn sie die politischen Gegner angreift, knüllt sie den gleich zu Beginn des Gesprächs vom Hals genommenen rosa (!) Schal in den Händen, hält ihn von sich. Zum Beispiel, wenn sie den "Rechtspopulismus" von Linkspartei-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine geißelt. Oder wenn die gebürtige Ulmerin Bayerns Ministerpräsident Stoiber und seine Attacken gegen die Ostdeutschen scharf angeht ("Da wurden Gräben vertieft"). Und immer wieder deutliche Kritik an Merkels Mann für Finanzen, dem ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof: Sein Steuerkonzept gehe von einem "erzkonservativen" Familienbild aus und sei sozial ungerecht.
Auch wenn sie in den Sozialdemokraten den einzig möglichen Koalitionspartner sieht, lässt Roth doch erkennen, dass sie sauer auf den großen Bruder ist: "Es war ja nicht unsere Idee, dass es Neuwahlen gibt." Auf das Grüne-Wahlprogramm geht sie kaum ein, verweist stattdessen lieber auf das, was die mittlerweile 25 Jahre alle Partei während der Regierungszeit erreicht hat. Allen voran den Atomausstieg und den höheren Stellenwert von Umweltpolitik in Deutschland.
Doch bei Roths Begleitern scheinen sich die Erfolge in Sachen Mehrwert noch nicht herumgesprochen zu haben. Während des knapp einstündigen Redaktionsgespräches sind sie zum Tanken des grünen "Toleranz-Wagens" über die Grenze gefahren und haben sich dort mit Wasser in Einweg-Flaschen eingedeckt. Die lassen sie vor der Weiterfahrt nach Bernkastel-Kues einfach im Blumenbeet liegen.