US-Historiker Lichtman: Republikaner könnten Trump fallen lassen - Verblüffende Parallelen zu Nixon

Washington · Als fast alle falsch lagen, lag Allan Lichtman richtig. Der Historiker gehörte zu den wenigen, die Donald Trumps Wahlsieg vorhersagten - und auch dessen Amtsenthebung.

 Als fast alle falsch lagen, lag Allan Lichtman richtig. Der Historiker gehörte zu den wenigen, die Donald Trumps Wahlsieg vorhersagten.

Als fast alle falsch lagen, lag Allan Lichtman richtig. Der Historiker gehörte zu den wenigen, die Donald Trumps Wahlsieg vorhersagten.

Foto: Frank Herrmann

Als fast alle falsch lagen, lag Allan Lichtman richtig. Der Historiker gehörte zu den wenigen, die Donald Trumps Wahlsieg vorhersagten, auch in einer Phase des Rennens, in der die meisten Umfrageinstitute dem Immobilienmagnaten keine Chance gaben. Trump, erzählt Lichtman, habe ihm später ein Exemplar der Zeitung geschickt, in der er seinen Tipp begründete, und es mit einer Widmung versehen: "Gratuliere, Professor! Gut gesehen!" Was Trump offenbar nicht wahrhaben wollte, sagt der Gelehrte, sei dies: Noch vor dem Votum habe er, Lichtman, sich ein zweites Mal aus dem Fenster gelehnt und prophezeit, dass es der Präsident nicht über die volle Amtszeit schaffe, sondern vorher seines Amtes enthoben werde.

Solche Prognosen haben gerade Hochkonjunktur, gerade jetzt, da Trump den FBI-Direktor James Comey feuerte und damit den Eindruck erweckte, als wolle er potentiell brisante Ermittlungen abwürgen. Nur hat sich Lichtman, der in Harvard promovierte und heute an der American University in Washington lehrt, bereits darauf festgelegt, als andere einen Donald Trump im Weißen Haus noch für ein Ding der Unmöglichkeit hielten. Allein das lässt aufhorchen, wenn er sich zu Wort meldet. In den Monaten nach der Wahl hat er ein Buch geschrieben, um seine These zu untermauern. Es trägt den Titel "The Case for Impeachment", und bevor Lichtman es aufschlägt, um in einer Buchhandlung namens Politics & Prose daraus zu lesen, schickt er einen Schnellkurs in Verfassungsrecht voraus.

Die Gründer der USA, doziert er, hätten es eben nicht der Justiz überlassen, darüber zu befinden, ob die Demokratie die Reißleine ziehe und einen Präsidenten aus dem Amt entferne. Vielmehr sei es ein rein politisches Verfahren, nicht an eine konkrete Straftat gebunden. Voraussetzung ist, so hat es Alexander Hamilton 1788 definiert, ein "Fehlverhalten öffentlicher Personen, mit anderen Worten, der Missbrauch öffentlichen Vertrauens". In einem ersten Schritt muss die Mehrheit der Abgeordneten im Repräsentantenhaus dafür stimmen. Das heißt, angesichts der aktuellen Mehrheitsverhältnisse müssten sich neben den Demokraten etwa zwei Dutzend Republikaner gegen Trump stellen.

Nixon und Trump: Gegenseitige Bewunderer

So unvorstellbar sei das gar nicht, argumentiert Lichtman. Zwar wollten die Konservativen zunächst ihre zentralen Projekte durchsetzen, erstens die Abwicklung der Gesundheitsreform Barack Obamas, zweitens massive Steuersenkungen. Und dazu bräuchten sie Trump. Doch sobald sie ihr Ziel erreicht hätten und sich der Mann an der Spitze mit seinem erratischen Regierungsstil nur noch als Belastung erweise, seien sie durchaus bereit, ihn fallen zu lassen wie eine heiße Kartoffel. In dem Moment, orakelt Lichtman, stehe einem Impeachment nichts mehr im Wege.

Bislang kennt die US-Geschichte zwei Fälle, in denen der Kongress die Reißleine zog, wenn auch nicht mit letzter Konsequenz. 1868 traf es Andrew Johnson, einen Südstaatler aus Tennessee, der nach dem Bürgerkrieg bremste, als die hart erkämpften Rechte befreiter Sklaven in der Praxis durchgesetzt werden sollten. 1998 war es Bill Clinton, der im Zuge der Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky unter Eid gelogen hatte. In beiden Fällen scheiterte das Procedere an einer hohen Hürde: Nur wenn sich im Senat eine Zweidrittelmehrheit findet, führt es zu einem Ergebnis. Richard Nixon wiederum kam dem sicheren Impeachment zuvor, indem er 1974 auf dem Höhepunkt des Watergate-Skandals zurücktrat.

Es sind die Parallelen zu Nixon, die Lichtman an ein vorschnelles politisches Ende Trumps glauben lassen. Verblüffende Parallelen, schreibt er in seinem Buch. "Beide sind zwanghaft davon besessen, von eigener Schuld abzulenken. Beide sind innerlich zutiefst verunsichert. Beide neigen zur Geheimniskrämerei und streben an, alles unter Kontrolle zu haben, ohne dass jemand widerspricht." Wie Nixon wolle auch Trump seine persönliche Agenda durch nichts und niemanden behindern lassen, weder durch das Gesetz noch durch die Wahrheit noch durch die freie Presse, hat Lichtman beobachtet. Und eine Episode ausgegraben, die zeigt, dass die Bewunderung auf Gegenseitigkeit beruhte. 13 Jahre nach seinem Abgang, nach einem Auftritt Trumps in einer Talkshow, schrieb Nixon euphorisch: "Wann immer Sie sich entscheiden, für ein Amt zu kandidieren, werden Sie gewinnen". Diesen fantastischen Brief, antwortete der Baulöwe, werde er gerahmt ins Oval Office hängen, wenn er erst dort sitze.

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