Ungemütliche Zeiten für Merkel und Co.

Die Union bleibe ein Stabilitätsfaktor in der Bundesregierung, versicherte Kanzlerin Angela Merkel gestern. Das Gegenteil könnte nach der Bayern-Wahl der Fall sein. Denn für die Große Koalition fällt mit Bayern ein weiteres von der Union regiertes Bundesland im Bundesrat aus, falls die FDP es zur Enthaltung zwingt.

Berlin. Die Große Koalition hat aus eigener Kraft zwar immer noch eine knappe absolute Mehrheit von 35 Stimmen aus Ländern, in denen entweder Union oder SPD allein regieren oder beide miteinander.

Sollte aber auch Hessen im übernächsten Monat an ein durch die Linkspartei toleriertes rot-grünes Bündnis fallen, ist es damit vorbei. Ein Scheitern wichtiger Koalitionsprojekte ist möglich.

Guido Westerwelle: Schluss mit Steuererhöhungen



Falls es in Bayern zu einer Koalition von CSU und FDP kommt, regieren die Liberalen in den vier größten deutschen Bundesländern mit: Neben Bayern sind das noch Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen.

Das hat Gewicht, und die FDP will es nutzen. Parteichef Guido Westerwelle hat bereits angekündigt, dass mit der Politik der Steuererhöhungen nun Schluss sein müsse. In Gefahr gerät vor allem die Erbschaftsteuer-Reform. Die CSU hatte schon bisher die stärksten Vorbehalte. Mit den Liberalen an der Seite, die die Erbschaftssteuer am liebsten ganz abschaffen möchten, wird der Widerstand aus Bayern nun voraussichtlich noch stärker. Das Tauziehen um die Frage, wann und wie stark Erben von Unternehmen belastet werden, soll am 6. Oktober bei einem Treffen der Koalitionsspitzen entschieden werden. Dann ist Angela Merkels Vermittlungsgeschick gefragt. Denn ohne eine Einigung läuft die Erbschaftssteuer entsprechend eines Verfassungsgerichtsurteils automatisch aus. Merkel aber steht bei der SPD im Wort, es so weit nicht kommen zu lassen. Ex-SPD-Chef Kurt Beck hatte ein Scheitern bereits als "Kriegsgrund" bezeichnet.

Ungemütlich kann es für die Kanzlerin auch auf ihrem Bildungsgipfel am 22. Oktober werden. Die großen Bundesländer haben im Vorfeld bereits gemeinsam mehr Geld vom Bund für die Bildung gefordert. Auch der Druck, die alte Pendlerpauschale wieder einzuführen, wird nun wachsen. Denn nicht nur die CSU, auch die FDP fordert eine solche Regelung.

Es ist fraglich, ob die Große Koalition ihre Linie halten kann, erst einmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes dazu abzuwarten. Eher stabilisierend dürfte eine FDP-Regierungsbeteiligung in Bayern hingegen für den Fortgang der Föderalismusreform sein.

Hier gibt es zwischen Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und SPD-Fraktionschef Peter Struck bereits eine Einigung. Die bisherige Blockade durch die CSU dürfte nun schwächer werden, zumal die FDP die Reform will.

Keine Auswirkungen für die Wahl von Horst Köhler



Nicht verändert hat der bayerische Wahlausgang die Chancen für Bundespräsident Horst Köhler auf eine zweite Amtszeit. Da die Liberalen ihn ebenso wie die Freien Wähler mitwählen wollen, verfügt Köhler in der Bundesversammlung nach wie vor über eine Mehrheit von 614 bis 615 Stimmen. Notwendig sind für die absolute Mehrheit in den ersten beiden Wahlgängen 613 Stimmen.

Dass Köhler die bekommt, war schon bisher fraglich, denn auch beim letzten Mal hatten ihm einige aus dem eigenen Lager die Zustimmung zunächst verweigert. Köhler muss wohl auf den dritten Wahlgang setzen, wo die einfache Mehrheit reicht.

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