Universelles Wissen in asiatischem Gewand

TRIER. Der Mensch bestimmt, wie er seine Wohnung gestaltet, und die wiederum prägt ihre Bewohner. Diese Wechselwirkung zwischen Raum und Mensch ist Kern der uralten Harmonielehre Feng Shui. Sie gewinnt auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Eine von ihnen ist die Triererin Anne Fesser-Konder.

Es ist eine jener Oasen, die sich bisweilen überraschend hinter eng aneinander gebauten Häusern an viel befahrenen Straßen auftun. Kerzen weisen den Weg in Anne Fesser-Konders Höfchen zwischen ockergelb getünchten Hauswänden. Rundherum ranken Pflanzen, auf dem Boden stehen Schalen mit Wasser, über einer Blechwanne schwebt künstlicher Nebel, Räucherstäbchen verströmen ihren würzigen Duft, zwischen sorgfältig arrangierten Steinen steht eine Buddha-Statue, weiter links eine Engel-Figur. In der "Esoterik-Ecke" will sich Feng-Shui-Beraterin Anne Fesser-Konder allerdings nicht sehen. Zu viel Negatives werde mit diesem Begriff verbunden. Die chinesische Harmonielehre, deren Namen übersetzt "Wind" und "Wasser" bedeutet, beruhe auf uraltem Erfahrungswissen, auf ausgiebigen Naturbeobachtungen, sagt die Triererin. Sie gelte universell. Fast jede ursprüngliche Kultur habe die Grundsätze des Feng Shui gekannt und danach gehandelt. Kirchen und Klöster seien auch in unserer Region an energetisch zentralen Orten wie Brunnen oder dem Treffpunkt von Wasseradern errichtet worden. Der Standort des Trierer Doms zum Beispiel oder des Klosters Himmerod entspreche den Prinzipien des Feng Shui, sagt Fesser-Konder. "Dort war damals natürlich niemand aus China!" Dass "dieses Wissen in asiatischem Gewand unter der Bezeichnung ,Feng Shui‘ zu uns kommt", hat dem Deutschen Feng-Shui-Institut (DFSI) zufolge einen einfachen Grund: "Kein anderes Volk hat seine Naturbeobachtungen so lückenlos und detailliert über Jahrtausende hinweg aufgezeichnet wie die Chinesen." Feng Shui umfassend zu erklären, ist eine bücherfüllende Angelegenheit - allein in Deutschland soll es rund 200 entsprechende Titel geben. Im wesentlichen geht die Lehre davon aus, dass Räume und Häuser lebendige Organismen sind und eine Wechselwirkung zwischen Mensch und Raum besteht. "Formen, Farben und Materialien sind nicht nur Gestaltungsmittel", heißt es beim DFSI. "Sie haben einen konkreten Einfluss auf unser Befinden." Feng Shui lehre, wie man Räume und Häuser zu Kraftorten mache, sagt Fesser-Konder. Es gehe darum, Energieströme zu lenken und so das Wohlbefinden zu steigern. Deshalb sei Feng Shui auch ein Zweig der traditionellen chinesischen Medizin. Anne Fesser-Konder entdeckte die mehr als 4000 Jahre alte Harmonielehre 1991 bei einer China-Reise. "Ich habe gespürt, wie ich ruhig geworden bin im Tempel, zwischen den Glöckchen und Düften dort." Sie besorgte sich ein Feng-Shui-Buch - und wusste sofort: "Das will ich lernen!" Ihr Mann und die Kinder hätten sie anfangs für verrückt gehalten, erzählt sie. Heute muss sie bei jedem Umzug der mittlerweile erwachsenen Töchter ran - Energien berechnen und den besten Standpunkt für Zimmerbrunnen oder Salzleuchte bestimmen. Das macht die Mittfünfzigerin, die schon vor ihrer mehrjährigen Feng-Shui-Ausbildung als Einrichtungsberaterin tätig war, auch professionell. Für ihre Kunden erstellt sie zunächst Horoskope und sucht für jeden Bewohner einen passenden "Kraftplatz" im Haus. Dann werden die Räume nach der "Fünf-Elemente-Lehre" harmonisiert: Fesser-Konder schaut, ob genug Anregendes und Warmes (Feuer), Ruhe und Festigkeit (Erde), Leichtes, Luftiges und Hartes (Luft/Metall), Tiefgründiges und emotional Ansprechendes (Wasser) sowie Lebendiges und Bewegung (Holz) im Raum ist. Sie gibt Tipps, welche Formen, Farben und Symbole unterstützend wirken und gleicht schwächende und störende Einflüsse aus - durch Spiegel, Klangspiele, Kristalle oder Mobiles. Feng Shui funktioniert, davon ist Anne Fesser-Konder zutiefst überzeugt, auch wenn es nicht rational zu begründen ist. "Man kann nicht alles erklären und sollte nicht alles hinterfragen. Wer seine Mitte finden will, muss Gelassenheit, Geduld und Demut lernen." Auch dabei helfe Feng Shui, sagt sie und blickt auf Buddha und den Engel im Innenhof. "Es ist ein Hilfsmittel, für sich zu erkennen, was einem gut tut - ob das Buddha, die Muttergottes oder der heilige Antonius ist."

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