Unkalkulierbare Gefahr

TRIER. Wird Deutschland Ziel von Terrorangriffen? Darüber sprachen wir mit dem Sicherheitsexperten Oliver Thränert von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik.

Für wie groß halten Sie die Gefahr eines Anschlags im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg?Thränert: Terrorangriffe sind immer möglich, das hat man ja in Djerba oder Bali gesehen. Es lässt sich nur schwer sagen, wie groß die Wahrscheinlichkeit eines solchen Angriffs ist. Das ist eben genau das Wesen des Terrorismus: Er ist unkalkulierbar. Ebenso wenig kann man sagen, ob die Gefahr durch den Krieg steigt. Die US-Regierung hat keine überzeugenden Beweise für einen Zusammenhang zwischen Irak und El Kaida vorgelegt. Insofern kann man nur schwer sagen, ob durch einen Irak-Krieg die Terror-Bedrohung steigen wird. Die Terror-Gefahr geht also nicht allein von islamistischen Extremisten sondern auch anderen militanten Gruppen aus? Thränert: Man darf sich natürlich nicht nur auf islamistische Attentäter konzentrieren. Als das erste Mal Terroristen einen Chemie-Kampfstoff, das Nervengas Sarin, eingesetzt haben, waren es keineswegs islamistische Extremisten, sondern eine japanische Kult-Sekte. Die Aum-Sekte hat 1995 mit dem Nervengas-Angriff auf die Tokioter U-Bahn zwölf Menschen getötet. Konzentriert man sich derzeit nicht zu sehr auf biologische Waffen und lässt dabei die - sagen wir mal unkonventionellen - Anschläge wie am 11. September außer Acht? Thränert: Diese Gefahr sehe ich nicht. Die Sicherheitsbehörden versuchen sich, soweit möglich auf alle Gefahren und Bedrohungslagen einzustellen. Prinzipiell gibt es aber schon die Gefahr, dass Terroristen biologische Kampfstoffe einsetzen. Wie unterscheidet sich denn der Terrorismus nach dem 11. September von dem zum Beispiel einer RAF in den 70-er Jahren? Thränert: Die RAF verfolgte zwar eine ziemlich verquaste Ideologie, aber sie hatte niemals zum Ziel, wahllos eine größere Menge Menschen zu töten, um damit auf sich aufmerksam zu machen. Die radikalen Terroristen, von denen wir heute sprechen, nehmen weder auf ihr eigenes noch auf das Leben einer Vielzahl unschuldiger Menschen Rücksicht. Das Interview führte unser Redakteur Bernd Wientjes.

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