Versprochen – gebrochen?

Berlin. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will talentierte Studenten besser unterstützen. Ihr Ziel sei es, ein Prozent der Studierenden mit Begabtenstipendien zu fördern, sagte die Ministerin im Gespräch mit unserer Zeitung. Unterdessen wurde deutlich, dass das Studieren zwar immer teurer geworden ist, die Zahl der Stipendien aber – anders als versprochen – nicht steigt.

1951 haben den Studenten monatlich 100 Mark gereicht. 2003 benötigten sie laut der jüngsten Sozialerhebung 767 Euro. Nur zwei Prozent der Studierenden finanzierten sich dabei mithilfe eines Stipendiums. Gestiegen ist diese Zahl in den vergangenen drei Jahren kaum, beklagt das Deutsche Studentenwerk (DSW). Obwohl nicht nur der Lebensunterhalt, sondern vor allem die Uni-Ausbildung in einigen Bundesländern deutlich teurer geworden ist, lässt der weit reichende Aufbau eines Stipendiensystems immer noch auf sich warten. Versprochen - gebrochen? Viel versprechend waren die Ankündigungen: Mit Einführung von Studiengebühren werde man auch das Stipendienangebot ausbauen, versprach die Politik sogar vor dem Bundesverfassungsgericht. Und die Wirtschaft sprang ihr vollmundig zur Seite. Seit Beginn des Wintersemesters 2006/2007 zahlen Studienanfänger neben ihrem Lebensunterhalt in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen noch 500 Euro Studiengebühren pro Semester. Für Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg gelten ab Sommer 2007 allgemeine Studiengebühren, im Winter ziehen Hessen und das Saarland nach. Doch laut DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde haben die Länder im Gegenzug "ihre sozialpolitische Verantwortung" nicht wahrgenommen. "Die Länder haben kein Stipendiensystem aufgebaut, die Wirtschaft hat sich auch wieder zurückgezogen", kritisiert der Experte gegenüber unserer Zeitung. Unzufrieden ist auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU): "Den vielen Worten müssen hier jetzt auch Taten folgen", sagte die Ministerin im Gespräch mit unserer Zeitung. Schließlich hätten die Unternehmen von besser und schneller ausgebildeten Studenten auch Vorteile bei der Nachwuchssicherung. Der Bund selbst will 2007 rund 100 Millionen Euro für die Begabtenförderung an Hochschulen zur Verfügung stellen. Bei den Bossen will man allerdings von einem Versprechen nichts wissen: "Die Wirtschaft hat nie versprochen, ein flächendeckendes Stipendiensystem einzuführen", sagt der Bildungsexperte der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), Christoph Anz. Es gebe aber ein wachsendes Interesse der Unternehmen, Studierende finanziell zu entlasten. Anz verweist auf eine ganze Palette von Angeboten der Wirtschaft: "Das reicht von bereits existierenden Fondsmodellen bis zu Überlegungen, im Studium anfallende Kreditschulden bei der Einstellung der Absolventen ganz oder anteilig zu übernehmen." Fakt ist aber auch: Wer das Geld nicht aus dem Elternhaus oder vom Staat bekommt, oder wer zu wenig im Nebenjob dazuverdient, bleibt auf der Strecke. Weil nur die wenigsten von ihnen Stipendien erhalten, müssen Studenten in der Regel auf Bankkredite zurückgreifen. Die Angebotspalette für das Studium auf Pump hat sich deshalb inzwischen gut entwickelt: Großbanken, die Förderbank KfW sowie eine Reihe von lokalen Sparkassen und Geldinstituten bieten Kredite an.

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