Verzweifelt gesucht: Vier Stunden Tiefschlaf

Trier · Chefarzt Dr. Joachim Vogt über die innere Uhr, genetische Prägung und die Gefahr von Nachtschichten.

 Auf diesem Krankenhausflur in Trier ist Ruhe Pflicht. TV-Fotos (2): Rainer Neubert

Auf diesem Krankenhausflur in Trier ist Ruhe Pflicht. TV-Fotos (2): Rainer Neubert

Foto: (g_pol3 )

Trier (r.n.) Ob jemand gut schläft, hängt meistens vom eigenen Lebensstil ab. "So wie die Menschen heute leben und arbeiten, schaden sie sich häufig", sagt Dr. Joachim Vogt, Chefarzt am Trierer Brüderkrankenhaus. Seit zehn Jahren leitet der Internist der Fachrichtungen Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin das Schlaflabor der Klinik. Auf knapp 8000 schätzt er die Zahl der Patienten, die sich in dieser Zeit unter medizinischer Aufsicht in eines der fünf mit zahlreichen Messinstrumenten ausgestatteten Betten gelegt haben.
Es sind vor allem Schlafapnoiker, also starke Schnarcher mit kurzen Atemstillständen, bei denen Gehirnaktivitäten, Atmung, Sauerstoffgehalt im Blut, Muskelspannung und Augenbewegungen in allen Schlafphasen dokumentiert werden. "Manchmal geht es aber auch darum zu ergründen, warum Menschen das Gefühl haben, nicht schlafen zu können", sagt Vogt. "Wenn dann deutlich wird, dass auch sie in der Nacht Schlafphasen haben, die aber möglicherweise nicht tief genug sind, um genügend Erholung zu bringen, ist das häufig schon der halbe Weg zu Lösung des Problems."
Schlaf sei überlebenswichtig, daran hat der Arzt keinen Zweifel. "Alle unsere Körperfunktionen sind in einem 24-Stunden-Rhythmus getaktet. Dem müssen wir uns beugen, egal, ob wir das wollen oder nicht. Schlaf zu entziehen ist Folter." Er verweist auf Schlafstudien aus den 60er bis 90er Jahren, in denen belegt worden sei, dass nach elf Tagen ohne Schlaf der körperliche und geistige Zusammenbruch unausweichlich komme. "Nach 24 Stunden lässt die Leistungs- und Reaktionsfähigkeit bereits deutlich nach, etwa wie mit einem Blutalkoholspiegel von einem Promille."
Experimente zur inneren Uhr des Menschen, wie damals in einem Bunker im bayerischen Andechs, gibt es nicht mehr. Geblieben ist aber die Erkenntnis, dass sieben bis acht Stunden Schlaf für die meisten Menschen das richtige Maß sind, um sich wohlzufühlen. Drei bis vier Stunden davon müssen Tiefschlaf sein.
Ob jemand Lerche (Frühaufsteher) oder Eule (Nachtmensch) sei, liege in seinen Genen, sagt Schlafmediziner Vogt. "Wer nur Nachtschichten macht, lebt kürzer. Ab einem Alter von 50 Jahren ist Schichtdienst keine gute Sache."
Veranlagungen, äußere Umstände und mentale Belastungen wirken bei Schlafstörungen zusammen.
"Krankhafte Schlafstörungen haben immer etwas mit Druck und Stress zu tun", ist Joachim Vogt überzeugt. "Ein akutes Ereignis verselbstständigt sich. Je mehr man dann das Schlafen erzwingen will, desto schlimmer wird das Problem. Dann ist es in der Regel nicht möglich, ohne Hilfe wieder aus dem Teufelskreis herauszukommen."

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