Viel Arbeit, aber kein Stress

TRIER/WINDHOEK. Auswandern hat seinen Reiz – auch wenn man nur davon träumt. Und es birgt Gefahren – wenn man nicht genau weiß, was auf einen zukommt. Zwei Menschen aus der Region haben ihre Zelte hier abgebrochen und leben inzwischen sehr weit entfernt – der eine in Südamerika, der andere in Südafrika – und sind dort überaus glücklich.

Nix wie weg! Peter Thul ist ein Mann, der Worten gerne Taten folgen lässt. Der heute 50-Jährige lebt seit fast 15 Jahren viele tausend Kilometer von seiner Heimat an der Mosel entfernt. "In Paraguay herrscht Freiheit. Hier kann eigentlich jeder tun und lassen, was er will", erzählt der gebürtige Klüsserather. Er ist an der Mosel aufgewachsen, hatte in Trier eine Lehre als Dekorateur absolviert und einige Jahre als Substitut in einem Kaufhaus in der Fußgängerzone gearbeitet. Nach der Bundeswehr fing er an zu schreiben. Er zog nach München, veröffentlichte Krimis für Illustrierten und schrieb Drehbücher. Später gründete er in Bayern eine Werbeagentur, bevor es ihn für ein paar Jahre nach Luxemburg und schließlich wieder nach Trier zog. In dieser Zeit reiste er viel, vor allem nach Afrika und Südamerika. Von Paraguay war er gleich hellauf begeistert, und so zögerte er als Junggeselle auch nicht lange, als sich die Möglichkeit ergab, in das südamerikanische Land zu ziehen. Auch dort schreibt er Bücher, hat einen eigenen kleinen Verlag - und genießt vor allem das Leben. "Wenn ich Lust habe, schlafe ich bis zum Mittag. Und wenn ich mir mal im Fernsehen 40 Folgen Stargate in einem angucken möchte, ist das auch kein Problem." Kommt er ab und zu nach Deutschland? "Ich nehme es mir jedes Jahr vor, lande dann aber meistens doch woanders, weil es mir bei Euch selbst im Sommer zu kalt ist."Genervt vom deutschen Gejammer

"Die Bürokratie hat absurde Ausmaße angenommen; es gibt in Deutschland Millionen von Arbeitslosen und offenbar keine wirtschaftliche Perspektive; die Menschen hier sind unfreundlich und griesgrämig, und die Stimmung ist mies": Andreas Munkelwitz tun die Deutschen leid. Er ist zwar auch einer von ihnen, lebt aber in einem Land, in dem zumindest sehr vieles freundlicher ist. Den gelernten Koch hatte es vor knapp 25 Jahren von Andernach nach Südafrika verschlagen, wo er als Manager mehrere Hotels der Kette "Holiday Inn" aufbaute und leitete. "Wenn jeden Tag die Sonne scheint, sind die Menschen ganz anders drauf", sagt er, während er gemeinsam mit seiner Frau Cynthia auf der Terrasse eines Restaurants auf dem Marktplatz in Bernkastel-Kues sitzt. Die beiden waren gerade für ein paar Tage in Deutschland, "ab und zu muss man ja mal nach dem Rechten sehen", meint Munkelwitz lächelnd - der Rückflug nach Namibia, wo die Familie inzwischen lebt, ist nicht mehr weit entfernt. Eine feste Rückkehr nach Deutschland kommt für ihn nicht in Frage. "Ich habe auch da unten viel Arbeit - aber nicht das, was man hier als Stress bezeichnet." Er betreibt in der Hauptstadt Windhoek seit ein paar Jahren das berühmte Restaurant "Bauernstube" und seit kurzer Zeit in der Küstenstadt Swakopmund das Hotel "Deutsches Haus". Das sind zwei große Projekte, die er bewältigen muss, zudem liegen sie knapp 500 Kilometer auseinander, er muss mehrmals wöchentlich zwischen ihnen hin und her pendeln. "Das ist Einstellungssache. Wenn ich wollte, könnte ich jammern, aber das kennt man bei uns da unten gar nicht." Das "ständige Gejammer" in Deutschland hingegen nerve ihn: "Ich weiß gar nicht, wie man sich selbst das Leben schwer machen kann. Ist doch eigentlich alles easy." So ganz Unrecht hat er da nicht...

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