Viele Flutopfer bekommen nichts

TRIER. Touristen, die in den Katastrophengebieten der großen Flutwelle verletzt wurden, bekommen unter Umständen kein Geld von ihrer gesetzlichen Krankenkasse - nämlich dann, wenn sie keine Zusatzkrankenversicherung für Länder außerhalb der EU abgeschlossen haben.

"Als Joachim im Krankenhaus von Phuket lag, bekam ich von dort den Anruf, man brauche seine Versichertennummer", erzählt Uschi Schneider. Ihr Bruder Joachim Raville hat die große Flut, die auch die Küste Thailands überspülte, schwer verletzt überlebt (der TV berichtete). Doch als Uschi Schneider bei der AOK in Wittlich anrief, bekam sie nur eine knappe Auskunft. "Die Nummer können wir Ihnen schon geben, doch Sie wird Ihnen nichts nützen - Geld bekommt ihr Bruder keins." Wäre Joachim Raville nicht über den ADAC auslandskrankenversichert, müsste er die Kosten für Krankenhausaufenthalt und Transport alleine tragen. "Natürlich fühlen wir mit den Opfern", sagt Alfons Schilz, Regionaldirektionsleiter der AOK für den Bereich Bitburg-Prüm. "Doch in einem solchen Fall sind uns einfach die Hände gebunden. Wir als gesetzliche Krankenkasse dürfen die Kostennicht tragen, wenn der Patient keine Zusatzversicherung für das Ausland abgeschlossen hat." Da gebe es auch im Fall der Flutkatastrophe "keine Kulanz". Die Regelung ist folgende: Die gesetzliche Krankenkasse zahlt, wenn ein Patient innerhalb der EU verunglückt, sich verletzt oder krank wird - oder wenn das außerhalb der EU in einem der Länder passiert, die mit Deutschland ein so genanntes zwischenstaatliches Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen haben. Das sind die Schweiz, die Türkei, Kroatien, Slowenien, Serbien, Bosnien-Herzegovina, Tunesien und Ungarn. "In diesen Fällen zahlen wir ohne Zusatzversicherung aber auch nur den Satz, der innerhalb Deutschlands für die jeweilige Erkrankung üblich wäre, abzüglich einer Bearbeitungsgebühr", betont Schilz. Da gebe es schon mal große Diskrepanzen. Für Krankheitsfälle in allen anderen Ländern - und dazu gehören eben auch Indien, Indonesien, Thailand, Sri Lanka und die anderen von der Flutkatastrophe betroffenen Länder - gebe es ohne Zusatzversicherung, wie gesagt, gar kein Geld. Auch der Auslandskrankenschein helfe nicht in allen Ländern. "Wir raten darum unbedingt allen Kunden, die für eine Reise einen Auslandskrankenschein beantragen, auch gleich zu einer Zusatzversicherung", sagt Regionaldirektionsleiter Schilz. Die gebe es bei der AOK "für nur 16 Euro für Familien und für acht Euro für Ledige", und sie gelte ein ganzes Jahr lang. Auch bei Reisebüros, Kreditkartenunternehmen und beispielsweise dem ADAC gebe es diese Zusatzversicherungen. Die Zusatzversicherung komme dann außerdem bei Unfällen innerhalb der EU und in Ländern mit zwischenstaatlichem Sozialversicherungsabkommen für die Mehrkosten auf, die die gesetzliche Versicherung nicht abdecke. Schilz: "Die Zusatzversicherung ist so wichtig wie der Pass." Bei psychologischer Betreuung und Ersatzkassen sieht die Lage anders aus: Nach Auskunft der Ersatzkassenverbände VdAK und AEV werden die Kosten für eine medizinisch notwendige psychotherapeutische Behandlung, ob für Flutopfer oder Helfer vor Ort, von den Ersatzkassen übernommen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort