Vierfach-Triumph hält Rennen offen

Der schwarze Senator Barack Obama setzte sich am Samstag bei Abstimmungen über die demokratische Präsidentschaftskandidatur gegen die frühere First Lady Hillary Clinton durch. Trotz dieser Triumphserie ist eine Entscheidung im knappen Kopf-an-Kopf-Rennen weiter nicht in Sicht.

Washington/Richmond. Als Barack Obama am Samstagabend vor einer Dinner-Runde der Demokraten zur Siegesrede antritt, hebt er schnell hervor, was die besondere Würze seines Vierfach-Triumphes ist: "Wir haben im Norden gewonnen, wir haben im Süden gewonnen, wir haben im Westen gewonnen." Und nicht nur dies muss das Lager von Hillary Clinton in der weiter anhaltenden Zitterpartie um die Präsidentschaftsnominierung besonders schmerzen: Die vier Tages-Erfolge des schwarzen Senators bescheren Obama nicht nur frischen Rückenwind für die weiteren Vorwahlen - sie waren auch allesamt Kantersiege: Denn ob im nordwestlichen Bundesstaat Washington, dem Agrarstaat Nebraska, dem weiter unter den Folgen des Hurrikans "Katrina" ächzenden Louisiana, wo 80 Prozent der Schwarzen für Obama stimmten, oder dem winzigen Karibik-Archipel der US Virgin Islands: Der Gewinner lag mit Prozentsätzen vorn, die man im bisherigen Verlauf des Wahlmarathons nicht gesehen hat. Zwei Drittel der Stimmen in Washington State und in Nebraska, 57 Prozent in Louisiana und sogar satte 90 Prozent auf den Jungferninseln für Obama. Kein Wunder, dass Hillary Clinton, die am Samstagabend vor derselben Demokratenrunde in Richmond (Bundesstaat Virgina) ebenfalls ans Rednerpodium trat, auf die Ergebnisse mit keinem Wort einging. Stattdessen gab es jede Menge Verbalattacken auf den Republikaner John McCain, dem trotz zweier Siege seines Mitkonkurrenten Mike Huckabee (er gewann am Samstag in Louisiana und Kansas) rechnerisch die Nominierung kaum noch zu nehmen sein dürfte: "Wir haben genug von Bush", rief Clinton und wies darauf hin, dass die Republikanern nun mit McCain "mehr von dieser Sorte" gewählt hätten. Auch Barack Obama nahm Washington ins Visier - allerdings inklusive seiner Gegenspielerin. Angesichts des absehbaren Duells gegen McCain gehe es jetzt um die Frage, wer mehr Erfahrung in Washington habe - oder wem es am ehesten zuzutrauen sei, Washington zu verändern. Dass er selbst für "change", also Wandel stehe, daran ließ Obama in seiner Rede keine Zweifel - und auch nicht an der Dringlichkeit von Veränderungen: "Wir müssen gewinnen. Und Amerika verlangt, dass wir gewinnen."Wer jedoch aus dem Duell Obama-Clinton als Sieger hervorgeht, das steht weiter in den Sternen. Obama, der bisher 18 von 28 Staaten gewann, ist zwar bei den für den morgigen Dienstag anstehenden Wahlrunden in Virgina, der Hauptstadt Washington und in Maryland favorisiert, doch Clinton besitzt gute Chancen für Siege im Ostküstenstaat Maine - dort ging es gestern um 24 Delegierte - und auch in den Groß-Staaten Ohio und Texas, die am 4. März die Waage deutlich für den einen oder anderen Bewerber sinken lassen können. "Das Rennen ist eng und wird uns noch Wochen, wenn nicht Monate beschäftigen", glaubt die Demokratin Donna Brazile, eine enge Beraterin von Ex-Vizepräsident und Nobelpreisträger Al Gore.Sie lehnt - wie andere Demokraten auch - eine Entscheidung ab, die sich bei einem Patt durch Verhandlungen in Partei-Hinterzimmern ergeben könnte und bei denen Clinton aufgrund ihrer Beziehungen vermutlich Vorteile hätte: "Dann gebe ich mein Parteibuch zurück." Bei der Zählung der Delegiertenstimmen - 2025 ist die benötigte Mehrheit - befinden sich beide Demokraten nun fast gleichauf. Hillary Clinton verfügt nach letzten Berechnungen derzeit über 1097, Barack Obama über 1070 Delegierte - darunter auch sogenannte "Super-Delegierte", bei denen es sich um Parteimitglieder wie Kongressabgeordnete, Senatoren oder frühere Präsidenten handelt, die sich auf dem Nominierungsparteitag Ende August frei für einen der Bewerber entscheiden können - ein Grund mehr, dass es eine Kampfabstimmung geben könnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort