Vom Sonderfall wenig geblieben

BERLIN. Höhere Arbeitslosigkeit - mehr Sozialhilfeempfänger: Diesen Zusammenhang hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit einer umfangreichen Datensammlung unter die Lupe genommen.

Als die Sozialhilfe vor 40 Jahren ins Gesetzblatt kam, war sie eher für Sonderfälle gedacht. Durch den damaligen wirtschaftlichen Aufschwung hatte sich die Zahl der Leistungsempfänger bis etwa 1970 auf rund 500 000 eingepegelt. Heute erhalten 2,76 Millionen Menschen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, wie Fachleute die Sozialhilfe im engeren Sinne bezeichnen. Hinzu kommen weitere 1,56 Millionen Personen, die auf die so genannte Hilfe in besonderen Lebenslagen (etwa wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit) angewiesen sind. Der Anteil der Bedürftigen an der Bevölkerung lag Ende 2002 bei 3,3 Prozent. 1963 war es lediglich ein Prozent. Dabei stieg in diesem Zeitraum auch die Arbeitslosenquote von 0,8 auf 10,8 Prozent an. Den vorläufigen Höhepunkt bildete das Jahr 1997, als die Nürnberger Bundesanstalt eine Erwerbslosenquote von 12,7 Prozent vermeldete. Gleichzeitig erreichte auch die Sozialhilfequote mit rund 3,5 Prozent ihren Höchststand. Fazit der Statistiker: Beide Quoten entwickelten sich tendenziell ähnlich, "wenngleich auf unterschiedlichem Niveau". Zwischen den alten und neuen Bundesländern gibt es dabei kaum noch Unterschiede. Spitzenreiter in der regionalen Statistik ist Bremen mit 8,9 Prozent. Bei den Flächenländern wurde für Schleswig-Holstein die höchste Sozialhilfequote ermittelt, die niedrigste für Bayern.Kinder bleiben potentielles Armutsrisiko

Zugleich belegt die Statistik einmal mehr, dass Kinder ein potenzielles Armutsrisiko sind. Mittlerweile ist jede vierte allein erziehende Frau auf Sozialhilfe angewiesen. Und mit einer wachsenden Kinderzahl verschärft sich das Problem weiter. Von den Haushalten mit zwei Kindern muss fast jeder dritte auf die staatliche Unterstützung zurückgreifen. Bei Haushalten allein Erziehender mit drei und mehr Kindern sind es fast die Hälfte (48,4 Prozent). Rund eine Million Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren beziehen heute Sozialhilfe. Das sind 37 Prozent aller Leistungsempfänger. 1965 waren es noch 32 Prozent. Das "Sozialhilferisiko" der über 65-jährigen hat sich dagegen im gleichen Zeitraum deutlich von 28 auf sieben Prozent verringert. Für einen durchschnittlichen Sozialhilfehaushalt errechnet sich ein monatlicher Bruttobedarf von 842 Euro. Unter Berücksichtigung der angerechneten Einkommen (zum Beispiel Kindergeld oder Unterhaltsleistungen) werden pro Haushalt dann im Schnitt 396 Euro ausgezahlt. So summierte sich die Sozialhilfe im Jahr 2002 auf 21,9 Milliarden Euro. Aufbringen müssen das Geld die Kommunen.

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