Vom Sprachtest bis zur Bildungsprämie

Rechnet man das Vorwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des derzeitigen Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, des Sachsen Stanislaw Tillich (CDU), einmal ab, so bleiben für das heute anberaumte große bildungspolitische Treffen in Dresden elf Seiten an Gipfelpapier übrig. Auf denen ist beschrieben, wie Bund und Länder das Bildungssystem in den nächsten Jahren auf Vordermann bringen wollen.

Berlin. "Qualifizierungsinitiative für Deutschland" steht über dem abschließenden Konzeptentwurf von Bund und Ländern, der unserer Zeitung vorliegt und den Merkel und die 16 Ministerpräsidenten heute in der sächsischen Landeshauptstadt beschließen wollen. Hart wurde um die "Dresdner Erklärung" im Vorfeld des Bildungsgipfels gerungen - seitens des Bundes mit den Ländern, aber auch innerhalb der Länder selber. Gerade beim Thema Finanzen. Die Landesfürsten wollten sich mit zusätzlichen Milliarden teuer bezahlen lassen, dass Merkel sich trotz fehlender Kompetenzen zur Bildungskanzlerin aufgeschwungen hatte. Innerhalb der Länder tobte zugleich ein Streit: Während die Kultusminister das Geld durch rückläufige Schülerzahlen im Bildungssystem belassen wollten, setzten die Finanzminister sowie die Staatskanzleien mehr auf die Sanierung ihrer Haushalte. Das alles hat die Verhandlungen über eine gemeinsame Linie in Sachen Finanzen erschwert.

Bund soll Kosten für Schulessen übernehmen



Jetzt heißt es in dem Papier: Sollten sich aus der "demografischen Entwicklung Ressourcen-Spielräume ergeben, werden die Länder sie insbesondere zur Verbesserung der Bildungsqualität nutzen." Eine klare Selbstverpflichtung ist das nicht. Darüber hinaus stellen Bund und Länder die Absicht klar, "ihre Aufwendungen für den Bildungsbereich weiter zu erhöhen". Nicht ausgeschlossen ist, dass die Länder heute noch einmal einen höheren Anteil am Umsatzsteuer-Aufkommen fordern werden, was Merkel bisher abgelehnt hat. Nach wie vor erwarten sie auch, dass der Bund die Kosten für das Schulessen von Kindern aus Hartz-IV-Familien übernimmt. Der Bund verspricht demgegenüber, seine Investitionen "für die Ausbildung und Begabtenförderung, für den Ausbau der Studienplätze und für die Weiterbildung" zu steigern, wie es in dem Papier heißt. Konkrete Milliardenzusagen werden vermieden. Eine "Strategiegruppe" soll bis Herbst 2009 Vorschläge erarbeiten, wie die Erhöhung der Investitionen in Bildung und Forschung bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes erfolgen kann.

Klare Ziele, die Bund und Länder umsetzen wollen, gibt es indes in dem Beschlusspapier für den Gipfel schon: So sollen möglichst ab 2010 gemeinsame Standards für Abiturprüfungen in Deutsch, Mathe und Fremdsprachen eingeführt werden, ab 2013 in den naturwissenschaftlichen Fächern. Zugleich werden die Länder in den nächsten zwei Jahren verbindliche "Sprachstandsbeobachtungen" für alle Kinder vor der Einschulung einführen und bis 2012 eine entsprechende Förderung bei Bedarf sicherstellen. Bund und Länder verpflichten sich darüber hinaus, 80 000 zusätzliche Erzieher zu qualifizieren, verstärkt auch solche mit "Migrationshintergrund".

Beide Seiten "streben" zudem an, die Abbrecherquoten zu reduzieren: Bis 2015 soll die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss von acht Prozent auf vier und die ohne Berufsabschluss von 17 auf 8,5 Prozent halbiert werden. Die Studienanfängerquote soll zugleich auf 40 Prozent eines Jahrgangs steigen. Meister, Techniker und Fachwirte werden einen erleichterten Zugang zur Universität erhalten. Voraussetzung sind ein erfolgreicher Berufsabschluss und eine dreijährige Berufstätigkeit.

Für Hauptschulen ist das Angebot "einer vertieften Berufsorientierung" geplant. Ein vielfach gefordertes Schulsanierungsprogramm wird es nicht geben. Dafür ist vorgesehen, den sogenannten "Investitionspakt zur energetischen Erneuerung" von kommunalen Gebäuden zu verlängern.

Bis 2015 sollen auch wegen der doppelten Abiturjahrgänge 275 000 neue Studienplätze entstehen. Wegen der verkürzten Schulzeit und des späteren Renteneintritts ist vorgesehen, das Angebot der beruflichen Weiterbildung auszubauen. Dazu soll eine Bildungsprämie eingeführt werden.

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