Von Eichels großer Steuerreform bleibt nicht viel übrig

BERLIN. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat in der Nacht zum Donnerstag eine kleine Steuer-Maus zur Welt gebracht, die von Unions-Politikern überschwänglich begrüßt wurde. Mitglieder der Regierung zogen dagegen ein langes Gesicht.

Finanzminister Hans Eichel, von dessen "Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen" nur ein kümmerlicher Rest übrig geblieben ist, hat nun ein Problem, das er sich allerdings mit den Länder-Finanzministern und Kämmerern der Kommunen teilt: Statt der erhofften 15,6 Milliarden Euro, die sein Entwurf eingebracht hätte, fließen jetzt nur noch etwas mehr als vier Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen. Für Rot-Grün hat das monatelange Gefeilsche um den Abbau von Steuervergünstigungen ein unrühmliches Ende gefunden. Vergeblich hat Eichels Beamten-Heer das Steuerrecht durchforstet, um angebliche oder tatsächliche Ungerechtigkeiten zum Wohle der Allgemeinheit auszumerzen. Die Kappung der viel diskutierten Eigenheimzulage, die Erhöhung der Dienstwagensteuer, die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Blumen und Zahnprothesen - alles vom Tisch. Entsprechend euphorisch reagierte die Union am Donnerstag auf den "großartigen Erfolg". Selbst der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), sprach von einem "vertretbaren Kompromiss", und das will schon was heißen. Entschieden wurden also Korrekturen bei der Körperschaftssteuer, deren Aufkommen nach der Unternehmenssteuerreform 2001 gegen Null tendierte. Das hing damit zusammen, dass die großen Kapitalgesellschaften ihre aufgelaufenen Steuerguthaben in stärkerem Maße flüssig gemacht hatten, als dies von Eichel erwartet worden war. Nunmehr werden diese Guthaben gestreckt, maximal bis zum Jahr 2019. Zugleich wurden die Möglichkeiten der Verlustverrechnungen eingedämmt: Konzerne sollen nicht mehr in bisherigem Umfang Gewinne aus stillen Beteiligungen und "Mehrmütter-Organschaften" verrechnen dürfen. Personengesellschaften sind von dieser Regelung allerdings ausgenommen. Insgesamt erwarten die Reformer nun Mehreinnahmen von 4,4 Milliarden Euro. Viel zu wenig nach Ansicht der Genossen. SPD-Finanzexperte Joachim Poß rang sich zwar zu der Aussage durch, der Kompromiss sei "vertretbar", doch würden den Kommunen, die das Geld besonders dringend brauchen, bis zum Jahr 2006 rund sechs Milliarden Euro fehlen. Dafür trage die Union die "alleinige Verantwortung". Die FDP lehnte nicht nur das ursprüngliche Gesetz, sondern auch das Vermittlungsergebnis ab. Begründung: Die Wirtschaft dürfe nicht zusätzlich belastet werden. Überaus interessant ist, jenseits des Steuergesetzes, die Protokollnotiz, die dem Ergebnis angehängt wurde. Darin verpflichtet sich die Regierung, "weitere Gesetzesregelungen" anzustoßen, um der Steuergerechtigkeit in Deutschland genüge zu tun. Im Gegenzug verpflichten sich die Opposition und die Bundesländer, an diesem hehren Vorhaben "konstruktiv" mitzuwirken. Für weitere Spannung an der Steuerfront ist also gesorgt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort