"Vor uns liegt keine Schönwetterzeit"

BERLIN/TRIER. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christoph Böhr warnt CDU und CSU vor Steuererhöhungen nach einem Regierungswechsel. Die Belastungen der Bürger müssten hingegen gesenkt werden, so der 51-jährige Trierer gegenüber unserer Zeitung.

Herr Böhr, welche unangenehmen Wahrheiten wird die Union im Wahlkampf noch auf den Tisch bringen?Böhr: Die größte Grausamkeit ist ohne Zweifel die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland. Ein Zustand, dem sich Rot-Grün längst ergeben hat: über neun Millionen Arbeitslose und die blanke Angst vieler Menschen vor dem sozialen Abstieg. Die CDU wird alles tun, damit in Deutschland wieder mehr Beschäftigung entsteht. Wir müssen deshalb unser kompliziertes Steuersystem, das Wachstum bremst, vereinfachen; dort, wo es sinnvoll ist, werden wir Versicherungsbeiträge von den Lohnkosten abkoppeln und einen steuerbefreiten Niedriglohnsektor schaffen. Nur wer ein eigenes Einkommen hat, kann sein Leben selbst in die Hand nehmen. Die wirklich Schwachen können fest darauf vertrauen, dass die Gemeinschaft sie nicht im Stich lässt. Derzeit wird in der deutschen Politik auch heftig über eine Mehrwertsteuererhöhung gestritten. Käme eine unionsgeführte Bundesregierung angesichts der Haushaltslage daran vorbei? Böhr: Ich bin gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, wenn es nicht zuvor bei der Lohn- und Einkommensteuer zu deutlichen Entlastungen für den Normalverdiener kommt. Die Politik muss darauf achten, dass den Menschen nicht ein Geldschein in die rechte Hosentasche gesteckt wird, um ihn dann aus der linken Hosentasche wieder zu entwenden. Die CDU ist nicht die Partei von Steuererhöhungen. Wir müssen vielmehr alles daran setzen, die Belastungen durch Steuern und Abgaben zu mindern. Vor allem die Lohnzusatzkosten müssen sinken. Arbeit muss wieder bezahlbar werden - und sie muss sich wieder lohnen. Nur so finden wir einen Weg aus der Schwarzarbeit. Im Übrigen gilt: Jeder Sozialhilfe-Empfänger der Arbeit findet und Steuern zahlt, füllt die Staatskasse. Es ist noch nicht lange her, da bezeichnete Edmund Stoiber Frau Merkel und den FDP-Vorsitzenden Westerwelle als Leichtmatrosen. Woher kommt jetzt sein Meinungswechsel?Böhr: Edmund Stoiber hat diese ihm zugeschriebene Äußerung nie bestätigt. Es gibt keinen Zweifel daran, dass er mit aller Kraft den gemeinsamen Sieg von CDU und CSU und eine neue Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP will. Was könnte die Geschlossenheit der Union noch gefährden?Böhr: Wir haben aus den quälenden und oft unverständlichen Diskussionen des vergangenen Jahres gelernt. Wir wissen genau, dass keine Schönwetterzeit vor uns liegt, sondern harte Arbeit. Alle in der Union sind sich sehr bewusst, dass die Zukunft unseres Landes auf dem Spiel steht. Auf unseren Schultern lastet eine große Verantwortung. Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen, um unser Wahlziel erreichen zu können. Muss Angela Merkel aber nicht damit rechnen, dass irgendwann die gekränkte, männliche Eitelkeit in der Union zurückschlägt?Böhr: Ganz klar: Nein. Unter der Führung von Angela Merkel hat die CDU in den Ländern und bei der Europawahl Sieg um Sieg eingefahren. Sie wurde durch die Präsidien von CDU und CSU einstimmig als Kanzlerkandidatin der Union nominiert. Sie ist unserer klare Nummer eins und als Herausforderin von Gerhard Schröder unumstritten. Wir haben Angela Merkel nicht nominiert, weil sie eine Frau ist, sondern, weil sie es kann. Glauben Sie an einen Sonderbonus einer Kandidatin? Ähnlich dem des Kanzlerbonus? Böhr: Wenn das so wäre, hätte ich nichts dagegen. Entscheidend ist aber, dass Angela Merkel im Gegensatz zu Gerhard Schröder durch Leistung und durch Führungsstärke überzeugt. Gerhard Schröder hat alles Vertrauen verspielt. Die Menschen trauen Angela Merkel den für Deutschland notwendigen Aufbruch zu. Deshalb liegt sie auch in der Kanzlerfrage klar vor dem Amtsinhaber. Mit ihrem Namen verbindet sich die politische Wende in Deutschland. Mit Christoph Böhr sprach unser Korrespondent Hagen Strauß.

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